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30. März 2021

Neuer Ansatz für Value-Investing

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Wolfgang Regner Redakteur

Der Value-Anlagestil verzeichnete über ein Jahrzehnt lang nur unterdurchschnittliche Renditen. Doch ein modifizierter Ansatz lässt stärkere Erträge erwarten, so Manfred Schlumberger, Investment-stratege der BB StarCapital AG.

Manfred Schlumberger, Leiter Portfoliomanagement bei StarCapital
Manfred Schlumberger, Leiter Portfoliomanagement bei StarCapital

Erfordert der Wandel der Wirtschaftsstruktur neue Value-Ansätze?

Manfred Schlumberger: Jahrzehntelang generierte Value-Investing in seiner reinsten Form, also mit Hilfe des von Fama und French (1992) empirisch belegten Value-Faktors, eine herausragende Überrendite. Mit diesem Faktor erzielten Unternehmen, deren Börsenwert möglichst tief unter dem ausgewiesenen Eigenkapital auf der Bilanz notiert (niedriges Kurs-Buchwert-Verhältnis KBV) einen deutlichen Mehrwert. Auch Aktien mit niedrigem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) sind typische Value-Aktien, die lange Zeit attraktive Überrenditen einfuhren. Seit der Finanzkrise von 2008 kehrte sich diese Entwicklung jedoch um. Eine Value-Strategie, die hauptsächlich die oben genannten Kriterien wie KBV und KGV berücksichtigt, gewichtet automatisch strukturschwache Sektoren wie Finanz- oder Energiewerte über und vernachlässigt innovative Unternehmen aus wachsenden Branchen wie IT, Gesundheit oder Kommunikation. Die Ursache hierfür liegt im Zustandekommen und der Aussage-kraft des Buchwertes.

Wie lässt sich ein neuer Value-Investment-Stil fundieren?

Manfred Schlumberger: Die Wirtschaftsstruktur hat sich seit der Fama und French-Studie aus dem letzten Jahrhundert grundlegend verändert – insbesondere in der letzten Dekade: Weg von einer fertigungsdominierten Wirtschaft hin zu einer dienstleistungsorientierten Wirtschaft. Das erfordert ein Umdenken in der Unternehmensbewertung. Unternehmen kapitalintensiver Branchen, zB. Industrieunternehmen haben die Eigenschaft, verstärkt in materielle Vermögensanlagen wie Fabriken und Maschinen zu investieren, die in der Bilanz aktiviert und über viele Jahre abgeschrieben werden. Damit kommt es zu hohen Buchwerten und wegen der über viele Jahre gestreckten Abschreibungen auch zu hohen buchhalterischen Gewinnen. IT-, Kommunikations- oder Gesundheitsunternehmen hingegen investieren überwiegend in immaterielle Vermögensgüter wie Software, Lizenzen oder Patente und müssen diese noch im selben Jahr vollständig abschreiben. Entsprechend bleibt die Bilanz schmal und der ausgewiesene Gewinn niedrig: Das bedeutet hohe Kurs-Buchwerte und hohe Kurs-Gewinn-Verhältnisse! Damit fallen die meisten der in den letzten Jahren so erfolgreichen und innovativen Unternehmen durch das Value-Raster.

Was haben Sie anlässlich Ihrer Studie herausgefunden?

Manfred Schlumberger: Ziel der Studie war es herauszufinden, welche Faktoren geeignet sind, Value-Unternehmen mit einer stetigen Outperformance zu identifizieren. Um Fehlinvestitionen (Value Traps) zu vermeiden, erwies sich die Ergänzung um eine Profitabilitätskennzahl als Indikator für ein funktionierendes Geschäfts-modell als vorteilhaft. In einem umfangreichen Backtest zeigte die Kombination aus Gross Margin (Brutto-Gewinnmarge), die anzeigt, wie profitabel das Unternehmen in seiner Kerntätigkeit arbeitet, und dem EV/EBITDA (Unternehmenswert/operativer Gewinn) unter Rendite- und Risikogesichts-punkten die besten Ergebnisse. Diesen Ansatz wird als Profitable Value-Strategie (PV-Strategie) bezeichnet.

Wie hätte sich die neue Strategie entwickelt?

Manfred Schlumberger: In Krisenzeiten erwies sich die Strategie als sehr robust. So konnte die PV-Strategie zum Beispiel in der Dotcom-Blase dramatische Verluste vermeiden (12,6 Prozent Verlust vs. 38,1 Prozent Verlust der Benchmark). Von den Folgen der Finanzkrise (2007-2009) wurde die Strategie zwar ebenfalls getroffen, konnte jedoch auch in diesem Bärenmarkt eine Outperformance von 8,5 Prozent erzielen. Ein Blick auf die letzten Bullenmärkte zeigt, dass diese bessere Wertentwicklung nicht auf Kosten einer begrenzten Partizipation an den Kurssteigerungen in Expansionsphasen erreicht wurde. Auch nach Drawdowns war die Strategie robust und in der Lage, Verluste deutlich schneller aufzuholen: Nach Rückschlägen konnten Profitable-Value-Unternehmen schon nach 13 Monaten wieder neue Höchststände erreichen, während die Benchmark mit 22 Monaten fast doppelt so lange benötigte.

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