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20. November 2023

Schulden: Sorgenkind Italien

Mit den rasant gestiegenen Zinsen rücken die Haushaltsrisiken für die EU-Staaten in den Fokus. Das Sorgenkind einer möglichen Schuldenkrise heißt heute Italien. Investoren misstrauen der Haushaltspolitik der italienischen Regierung und verkaufen ihre Staatspapiere.

Karl Freidl, Leiter Private Banking Graz Steiermärkische Sparkasse (ab 1. Feb. 2023)
Karl Freidl, Leiter Private Banking Graz Steiermärkische Sparkasse, (c)Margit Kundigraber

 Italien steht unter strenger Beobachtung der Ratingagenturen: Am 20. Oktober 2023 bestätigte S&P das Rating von BBB/A-2, was gerade noch „Investment Grade“ bedeutet. Zwei Wochen danach beließ auch FitchRating das Triple B.  Eine Bewertung unterhalb von „Baa3“ gilt als Subprime Rating, auch bekannt als „Junk Bonds“ oder „High Yield“. 

 Ringen um Schuldenregeln

 Karl Freidl und Alexander Eberan, Private Banking- Experten der Steiermärkischen Sparkasse, analysieren: „Die Schulden Italiens lagen im Q1/2023 in Relation zum BIP bei 143,5%, gefolgt von Portugal mit 113,8%, Spanien mit 112,8% sowie Frankreich mit 112,4%. Österreich hat ebenfalls eine steigende Schuldenquote und rangiert derzeit im „Ranking der europäischen Schuldenkaiser“ an 8. Stelle. Die geringste Verschuldensquote weist Estland mit 17,2% auf. Die Staatsverschuldung beträgt in den EU-Staaten im Mittel aktuell rund 90 Prozent des BIP.

Alexander Eberan, Leiter Private Banking Wien Steiermärkische Sparkasse
Alexander Eberan, Leiter Private Banking Wien Steiermärkische Sparkasse

Während die Staatschulden der Europäischen Länder steigen, lahmt die Wirtschaft und die EU-Finanzminister ringen gleichzeitig um eine Einigung über neue Schuldenregeln, die seit der Corona-Krise ausgesetzt waren.  Die EU will diese bis Ende des Jahres aktualisieren und ab 2024 wieder in Kraft setzen. In Zeiten, in denen zusätzliche Staatsausgaben wegen multipler Krisen – für die Verteidigung, die Subventionierung der Industrie, den Wiederaufbau in der Ukraine, die Sozialsysteme, aber auch wegen längerfristiger Probleme wie des demographischen Wandels – drohen, ist eine Einigung keine triviale Aufgabe.“

 Norden gegen Süden

 „Die Vorstellungen der südlichen und nördlichen EU-Länder – also denen, die eher Schulden machen, und jenen, die eher sparen wollen – liegen weit auseinander. Im Vertrag von Maastricht einigten sich die EU-Länder im Jahr 1992 darauf, für Preisstabilität, gesunde und auf Dauer tragfähige öffentliche Finanzen, eine Wechselkursstabilität und stabile langfristige Zinssätze zu sorgen. So sind etwa 3% des BIP als Obergrenze der Neuverschuldung und eine Schuldenquote von 60% des BIP vorgeschrieben, was wegen der Corona-Krise 2020 und zuletzt wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine ausgesetzt wurde.

Im Mittelpunkt steht der Streit zwischen Frankreich und Deutschland. Beide Länder stellen nicht grundsätzlich die EU-Ziele in Frage. Vielmehr geht es um die Geschwindigkeit, mit der die Länder diese Ziele erreichen sollten. Die Zeit drängt: Wenn bis zum Jahresende keine politische Einigung erzielt wird, greift das bisherige Regelwerk. Und dann wäre eine Interpretation der Schuldenregeln notwendig. Das würde die Unsicherheit an den Finanzmärkten erhöhen.“

Steiermärkische Sparkasse/HK

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