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27. April 2023

Chinas Comeback

Harald Kolerus 2-e1666618640728
Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur
Hase China

Das Reich der Mitte vollzieht eine 180-Grad-Wende in seiner Null-Covid-Politik. Der radikale Versuch scheint von Erfolg gekrönt zu sein, das Wachstum feiert ein Comeback. In China gilt es aber noch viele andere „harte Nüsse“ zu knacken. 

Das dringendste Problem Chinas, Epizentrum der Pandemie, war bis vor Kurzem die strikte Zero-Toleranz gegenüber dem Coronavirus. Rechtzeitig zum „Jahr des Hasen“ hat sich Peking aber zu einer radikalen Umkehr von seiner Covid-Politik entschlossen.

Es braut sich was zusammen …

Univ.-Prof. i.R. Mag. Dr. Susanne Weigelin-Schwiedrzik
„Xi Jinping wurde mit einer diktatorischen Machtfülle ausgestattet, die nicht einmal Mao Zedong zur Verfügung stand.“ China-Expertin Susanne Weigelin-Schwiedrzik

Univ.-Prof. i.R. Susanne Weigelin-Schwiedrzik, Professorin für Sinologie an der Universität Wien, beleuchtet im Gespräch mit dem GELD-Magazin die Situation: „Die Diskussion, ob der harte Corona-Weg weiter forstgesetzt werden soll, hat in China bereits im Sommer 2022 begonnen. Schon vor dem 20. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) im vergangenen November war der Führung klar, dass die Bevölkerung unter den rigiden Maßnahmen litt. Hier braute sich etwas zusammen.“  Das Problem dabei: Wer die Null-Toleranz-Politik in Frage stellte, stelle auch den mächtigen Parteivorsitzenden Xi Jinping in Frage.

Auf dem Parteitag wurden demnach die Stimmen, die zuvor für eine Linderung des Covid-Kurses eintraten, zum Schweigen gebracht. Hingegen ging Xi als klarer Sieger hervor. Nach der Wiederwahl kam es aber nicht zu einem schrittweisen Abbau der Corona-Beschränkungen, sondern zur brachialen 180-Grad-Wende. Praktisch alle Beschränkungen wurden plötzlich fallengelassen. Warum? Weigelin-Schwiedrzik: „Xi hat eine langsame Öffnung untersagt, denn das hätte seine Autorität untergraben. Es sollte der Eindruck erweckt werden, dass alles unter Kontrolle ist, dass die Partei entscheidet und nicht das Virus. Zusätzlich konnte man kommunizieren: Wir hören auf unsere Bevölkerung.“

Andrew McCaffery, Global CIO bei Fidelity International
„Für Börsianer, die ja mit der Zukunft handeln, ist das Ende der Null-Covid- Strategie eine gute Nachricht.“ Andrew McCaffery, Chief Investment Officer bei Fidelity

Comeback der Wirtschaft

Wie gut oder schlecht hat China nun die Covid-Öffnung überstanden? Auf Anfrage meint dazu Andrew McCaffery, Chief Investment Officer bei Fidelity: „Mit dem offiziellen Ende der Corona-Abschottung kann China als Wachstumsregion und Handelspartner wieder optimistischer beurteilt werden. Auf mittlere Sicht dürfte die weitere Öffnung des Landes der Wirtschaft auf die Beine helfen und auch einige Lieferkettenprobleme lösen, die den globalen Handel erschwerten. Für Börsianer, die ja mit der Zukunft handeln, ist das Ende der Null-Covid-Strategie in diesem Sinne ebenfalls eine gute Nachricht.“

Nummer eins angepeilt

Elizabeth Kwik, Investment Director für asiatische Aktien bei abrdn
„Im nächsten Jahrzehnt könnte das Land auf dem besten Weg sein, die US-Wirtschaft zu überholen.“ Elizabeth Kwik, Investment Director für asiatische Aktien bei abrdn

Optimistisch zeigt sich auch Elizabeth Kwik, Investment Director für asiatische Aktien bei abrdn (Vormals Aberdeen): „China wird weiterhin eine sehr wichtige Rolle in der Weltwirtschaft spielen. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds wird das Land aufgrund des robusten Aufschwungs nach der Wiedereröffnung im Jahr 2023 rund ein Drittel des weltweiten Wachstums ausmachen. Im nächsten Jahrzehnt könnte das Reich der Mitte auf dem besten Weg sein, die US-Wirtschaft zu überholen und die Nummer eins zu werden.“

Auch Jimmy Chen, Portfoliomanager des Comgest Growth China Fund, glaubt, dass die Volksrepublik vor dem Wiederaufschwung steht. Im Zuge der neuen Corona-Politik würde sich „die Wirtschaftstätigkeit schneller als erwartet erholen. Darüber hinaus ist die Industriepolitik unternehmensfreundlicher geworden. Dies zeigt sich etwa daran, dass das fast zweijährige harte Vorgehen gegen Tech-Plattformen anscheinend gelockert wird.“

Krieg um Taiwan?

Allerdings sollte man das Bild auch nicht zu rosarot Zeichnen, so gibt es etwa noch ungelöste Probleme in Chinas Immobiliensektor, die Menschenrechte liegen im Argen, und dann kommt vor allem eine brandgefährliche Situation ins Spiel: Das Ringen um Taiwan. Sinologin Weigelin-Schwiedrzik: „Die Volksrepublik China wird von Taiwan nicht ablassen, das steht außer Frage. Der Ukraine-Krieg hat daran nichts geändert. Die kriegerische Option wird von Militärs in China und rund um den Globus allerdings als sehr riskant und mit einiger Wahrscheinlichkeit als nicht erfolgsversprechend eingeschätzt.“

Angriff nicht unmöglich

Was sich die Expertin vorstellen kann, ist das Peking den militärischen Druck weiter aufbaut und versucht Taiwan wirtschaftlich zu destabilisieren: „Jedenfalls ist das Pushen der Angst vor dem Krieg ein starkes Druckmittel. Ich meine: Auch Peking will diesen Krieg nicht haben, ich sage aber nicht, dass keine Gefahr besteht und ein Angriff völlig unmöglich ist.“ Hoffen wir das Beste.

Lese Sie mehr in der GELD-Magazin Ausgabe Nr. 2/2023      

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Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

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