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11. Februar 2022

Analyse: Sorgen um Inflation und China

Vorsichtiger Optimismus bei Corona sorgt für Erholung in vielen Volkswirtschaften – doch das Schreckgespenst der Inflation beherrscht die Märkte.  Und nicht zuletzt brodelt es in China. Eine Analyse von Lucio Soso, Lead Portfolio Manager des Bellevue Global Macro Fonds.

Lucio Soso, Lead Portfolio Manager des Bellevue Global Macro Fonds
Lucio Soso, Lead Portfolio Manager des Bellevue Global Macro Fonds

2022 hat mit hohen Inflationszahlen und einem gespannten Blick auf die Zentralbanken begonnen. Vor allem in den USA ist die Geldpolitik eines der beherrschenden Themen.

Corona treibt Inflation

Der Experte: „Das Fed hat im Kampf gegen die Corona-Pandemie USD 4.5 Bio. in die Hand genommen – über eine Billion mehr als Ben Bernanke im Rahmen aller seiner QE-Programme. Seine Bilanz hat sich seit 2008 auf knapp USD 9 Bio. verzehnfacht, die Geldmenge ist innerhalb von nur zwei Jahren um 41% gestiegen. Beides ist inflationär.

Gleichzeitig haben die realen Zinssätze, die sich aus der Rendite der 10-jährigen Staatsanleihen abzüglich der Inflation ergeben, die Negativrekorde der 1970er Jahre übertroffen. Zusammenfassend gehen wir davon aus, dass die Inflation in den USA für den Großteil des Jahres 2022 hoch bleiben wird.“ 

Weniger Dramatik in Europa

„In Europa ist die Inflation ebenfalls gestiegen, mit 5% allerdings nicht ganz so stark wie in den USA. Auch die Geldmenge wuchs wesentlich weniger, sodass die inflationäre Situation deutlich schwächer ist – was allerdings auch auf das Wirtschaftswachstum zutrifft. Wichtig ist aber vor allem, dass die Negativzinsen dazu geführt haben, dass sich die Anleiherenditen der Eurozonen-Peripherie verengen und sich den deutschen Renditen annähern, was für das Überleben des Euro unerlässlich ist.“

Der Experte geht davon aus, dass die EZB im Laufe des Jahres mit dem Tapering des QE beginnen wird. Die Zinsen dürfte sie aber nur sehr vorsichtig anheben.

China: „Epische Blase“

„In China dagegen stehen wir vor einem ganz anderen Problem: Hier bildet sich gerade eine Kreditblase von epischem Ausmaß. Der Anteil der Kredite am chinesischen BIP ist von 160% im Jahr 2008 auf 320% 2020 angestiegen – und die Unternehmensverschuldung, auf die aktuell 70% dieser Kredite zurückgehen, hat sich im gleichen Zeitraum versiebenfacht. Ein großer Teil der Kredite wurde zur Finanzierung von Immobilien verwendet – deren Preise massiv überbewertet sind.

Bedenkt man, dass der Immobiliensektor in China bereits seit acht Jahren 27% bis 28% des BIP ausmacht, wird die Dramatik der Lage deutlich. Kreditkrisen werden in der Regel durch eine Kombination aus Schuldenrückzahlung, Schuldenerlass und Monetarisierung bewältigt. Wie die chinesische Regierung dem begegnen wird, lässt sich derzeit nur mutmaßen.“

Globale Auswirkungen

„Ein starker wirtschaftlicher Abschwung Chinas dürfte weltweit spürbar werden, der Renminbi könnte vorübergehend oder langfristig abwerten, chinesische Investitionen ins Ausland dürften eingeschränkt werden. Gleichzeitig könnte aber ein Abschwung in China die US-Notenbank dazu veranlassen, das Tempo der geldpolitischen Straffung zu verlangsamen. Für US-Anleihen und weltweite Aktien wäre das eine gute Nachricht.“

Bellevue AM/HK

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