Ölkonzerne: Quo vadis?
Während die Ölpreise in den letzten Monaten immer weiter stiegen, sind die Investitionen in neue Öl- und Gasprojekte seit längerem ins Stocken geraten. Investoren meiden zunehmend Industrien, die fossile Brennstoffe und hohe CO2-Emissionen produzieren.
„Dies dürfte die Preise für ein Barrel Öl nachhaltig stützen, könnte aber auch dazu beitragen, den Übergang zu erneuerbaren Energien erheblich zu beschleunigen“, so Stefan Breintner, Leiter Research und Portfoliomanagement, DJE Kapital.
Öl-Multis scheffeln Cash
„Derzeit erleben wir einen Boom bei den Rohölpreisen. Seit Jahresauftakt konnten sich die Kontrakte für das amerikanische Crude Oil um mehr als 40% verteuern, während das in Europa üblichere Öl der Nordseemarke Brent eine Preissteigerungsrate von 35% vorzuweisen hat. Über weiterhin hohe bzw. steigende Rohölpreise freuen sich die großen Ölkonzerne wie Exxon Mobil, Chevron, Royal Dutch Shell oder TotalEnergies, die derzeit rekordhohen Cash-Flows generieren.“
Knappe Projekte
Aber schon vor Beginn der Covid-Pandemie war der Trend von sinkenden Investitionen in neue Ölprojekte sichtbar. Dies lässt sich unter anderem anhand der Bohraktivitäten messen. Die amerikanische Energiebehörde EIA veröffentlicht hier monatliche Auswertungen. Diese zeigen, dass die Bohraktivitäten zwar wieder zunehmen, jedoch weiterhin unterhalb des Vor-Covid-Niveaus verharren.
Darüber hinaus sinkt weiterhin die Anzahl von gebohrten, aber nicht vollständig abgeschlossenen Bohrlöchern. Die Reserven an vorhandenen Bohrprojekten sinken also ebenfalls. Doch hohe Investitionsanstrengungen in neue Förder- und Bohraktivitäten von den großen Energieunternehmen bleiben bislang größtenteils aus. Dies lässt sich damit erklären, dass auch Energiekonzerne „grüner“ werden möchten und daher bereits damit begonnen haben, ihre Produktportfolios von fossilen Brennstoffen hin zu CO2-ärmeren Energiequellen zu diversifizieren.
2030: Nachfragegipfel
Doch die stark gestiegenen Ölpreise führten in den letzten Monaten auch dazu, dass ein Umdenken bei vielen Staaten stattfand. Fossile Brennstoffe werden weiterhin benötigt, um den Übergang hin zu erneuerbaren Energien nachhaltig stemmen zu können. Darüber hinaus kann man weiterhin davon ausgehen, dass der Gipfel der globalen Ölnachfrage erst nach 2030 erreicht sein wird, unter der Voraussetzung, dass Investitionen in erneuerbare Energien weiterhin stark gefördert und ausgebaut werden. Bis dahin werden weitere Investitionen in die Branche von Nöten sein, um die globale Nachfrage entsprechend bedienen zu können.
Konzerne auf Einkaufstour
Aktuell kaufen einige Unternehmen wie Chevron, Equinor oder TotalEnergies, aktiv eigene Aktien zurück. Bei Ölpreisen über 90 US-Dollar sollte dies in den kommenden Jahren anhalten. In die nahe Zukunft blickend, versprechen die großen Player, am Markt ihre Investitionen über die kommenden Jahre wieder leicht ausbauen zu wollen, jedoch weitaus diversifizierter als in den vergangenen Jahren, wie beispielsweise 2011 bis 2014, einer Zeit, in der die Investitionen in Förderprojekte ihren letzten Höhepunkt erreichten.
Entscheidende Monate
Breintner zieht ein Fazit: „Die nächsten Monate werden zeigen, ob die angekündigten Investments in neue Bohrprojekte tatsächlich in die Tat umgesetzt werden und ob diese Bemühungen ausreichen, um die globale Nachfrage ausreichend bedienen zu können. Das Investmenthaus Goldman Sachs geht derzeit jedoch davon aus, dass wir einen großen Unterschied zu früheren Investitionszyklen in der Branche der fossilen Brennstoffe sehen werden.“
DJE Kapital AG//HK