Kolumne Putz: Quo vadis, BIP?
Analysten allerorts preisen eine durchaus aggressive Leitzinspolitik der Fed ein: 100 bp (1 Basispunkt = 0,01 Prozentpunkte) in 4 Teilschritten. Der erste soll noch im Q1 stattfinden. Ein Teil der Kursparty wurde im Dezember 2023 bereits gefeiert, mit einer kurzen Korrektur Anfang Jänner.
BIP-Wachstum und US-Inflation unter dem Leitzinsniveau rechtfertigen die Erwartung der Analysten. ABER: Die Fed fokussiert auch auf den US-Arbeitsmarkt. Und dieser zeigt sich stur und bleibt angespannt. Damit rücken die US-Arbeitsmarktdaten in den nächsten Monaten in den Vordergrund.
Japans Konsum und Chinas PMI im Kontext zum am Mittwoch kommunizierten Statement der Fed (die Leitzinsen bleiben unverändert bei 5,5%) sind richtungsweisend. Der Fokus liegt zudem auf dem US-Arbeitsmarkt (wichtige Zweitbedingung für eine US-Zinssenkung). In Europa wird vor allem die Überlegung, wohin sich das BIP Deutschlands nun entwickeln wird, die Märkte dominieren. Die Lesart der deutschen Makrodaten ist dabei maßgeblich.
Asien
Der Konsum in Japan wächst ggü. dem Vorjahr um +4,7% (zuvor +5,0%). Das ist zwar ein weiterhin starkes Statement, doch in Kombination mit dem weiterhin sehr starken Arbeitsmarkt (2,5% Arbeitslosenquote) zu bewerten. Die PMI-Daten Chinas nähern sich im Produktionssektor weiter der Neutrallinie (50 Zähler) an, der Dienstleistungssektor bleibt mit komfortablen über 52 Zählern etwas optimistischer.
Europa
Deutschland soll Wirtschaftsmotor sein. Doch mit dem zweiten negativen BIP-Wachstumsquartal in Folge (saisonbereinigt Q3.23 = -0,1% und Q4.23 = -0,3%) hängt der Kursverlauf der europäischen Börsen an dem, was ifo & Co an Erwartungen kommunizieren. Im Dezember um +0,8% gestiegene Einzelhandelsumsätze sind mehr Strohhalm als Aufwärtstrend. Weit positiver ist zu werten der HVPI im Dezember bei 0% ggü. November liegt – ein kurzzeitig deflationäres Umfeld ist in einem Konjunkturwechsel normal.
USA
Der Fed gehört das Wort. Und die Ohren der Weltwirtschaft. Die Leitzinsen werden bei 5,5% belassen – das hat die Fed bereits in Davos klargemacht. Viel wichtiger ist das Statement der Notenbanker, aus dem die Analysten ein rasches Senken der Leitzinsen heraushören wollen. So die Erwartung. Aber so auch Powell? Die US-Wirtschaft bewegt sich auf in ein solides Wachstumsszenario zu (Chicago Fed Activity Index steigt von 46,2 auf 48,0 Zähler; neutral = 50). Der Fokus liegt also auf dem Arbeitsmarkt, der – zumindest in der kommenden Woche – nur wenige Lockerungssignale sendet. Es sinken die Lohnstückkosten um -1,2%, die Geschäftsbedingungen für verarbeitendes Gewerbe bleiben mit 47,3 Zählern (neutral = 50) weiter defensiv und die Arbeitslosenrate steigt nur geringfügig auf 3,8%.
Fazit
„BIP“ ist das Schlagwort der Woche. Und zwar jenes Deutschlands. Und „Quo vadis, BIP?“ ist die Frage dazu. Die Erwartung, dass Deutschland im ersten Halbjahr die milde Rezession hinter sich lässt und wieder seine Rolle als Europas Wirtschaftsmotor einnimmt, ist bereits eingepreist. Der Markt bietet daher einiges an Abwärtspotenzial, wenn seine Erwartungen enttäuscht werden. Bestätigung ist also willkommen – die Berichtssaison starte gerade rechtzeitig.
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