Inflation: Höhepunkt nicht erreicht
Christian Nemeth, Mitglied des Vorstandes bei der Zürcher Kantonalbank Österreich, fürchtet, dass uns die hohe Inflation noch über den Winter beschäftigen wird. Für das GELD-Magazin hat er Ratschläge im Kampf gegen die Teuerung parat.
Der Experte im Ressort Asset Management meint: „Europa ist durch die hohe Abhängigkeit von russischem Gas im Hinblick auf die Inflationsentwicklung besonders betroffen. Wir gehen daher davon aus, dass hier der Höhepunkt noch nicht erreicht wurde und wir über die Wintermonate mit einer angespannten Situation rechnen müssen.“
Rezession droht
„In Europa wird sich eine zumindest leichte Rezession nicht vermeiden lassen. Für 2023 erwarten wir auch für Europa einen spürbaren Rückgang der Preisentwicklung. In den USA sieht die Situation besser aus, hier erleben wir gerade den Inflationshöhepunkt bzw. haben ihn gerade erreicht. Das energische Einschreiten der amerikanischen Notenbank, aber auch ein Nachlassen der Friktionen in der Wirtschaft hinsichtlich Lieferbedingungen und Frachtraten, sollte sich mildernd auf die Preisentwicklung auswirken. Dennoch werden die Steigerungsraten vielerorts noch eine geraume Zeit über den jeweiligen Inflationszielen der Notenbanken verharren.“
Investments gegen Inflation
Zu Investments in diesem Umfeld sagt Nemeth: „Im bisherigen Jahresverlauf hat eine breite Streuung der Anlagen nicht funktioniert, Diversifikation hat die Kursverluste nur wenig begrenzen können. Diese Situation wird aber nicht von Dauer sein. Wir gehen davon aus, dass gerade auf der Anleiheseite die hohen Renditen bereits einiges vorweggenommen haben. Auch auf der Aktienseite gibt es an manchen Handelstagen schwache Versuche einer Bodenbildung. Hier sieht die Lage noch etwas fragiler aus, da die Gewinnerwartungen insgesamt noch zu optimistisch sind. Eine defensive Positionierung ist daher weiterhin angezeigt, aber mit zunehmender Krisendauer steigt auch hier das mittelfristige Potenzial. Wir bestätigen gegenwärtig unsere neutrale Aktienpositionierung, setzen aber stark auf Qualitätstitel mit solidem Cashflow.“
Gold als Beimischung
Welche Rolle spielt Gold in Zeiten der Inflation? „Gold ist in unserer Wahrnehmung ein besserer Krisenindikator als Inflationsschutz. Mit den wieder höheren Zinsen und Renditen steigen die Opportunitätskosten für das Halten von Gold. Eine geringfügige Portfoliobeimischung ist aber nach wie vor angebracht”, schließt Nemeth.