30. November 2023

Zankapfel Vermögenssteuer

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Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

Bei den Nationalratswahlen im kommenden Jahr wird in gewisser Weise auch darüber abgestimmt, ob es zu Vermögenssteuern kommen wird oder nicht. Die Parteien sind klar positioniert, die Wissenschaft ist es hingegen nicht.

Den Stein zu Vermögenssteuern lautstark angestoßen hat der neue SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler. Sein Modell sieht in ganz groben Zügen so aus: Das Eigenheim ist bis zu einer „Luxusgrenze“ von 1,5 Millionen Euro steuerfrei. Wird dieses Limit überschritten, geht der übersteigende Betrag in die Bemessungsgrundlage ein. Es gilt zusätzlich ein allgemeiner Freibetrag von einer Million Euro. Vermögen zwischen ein und zehn Millionen Euro werden mit 0,5 Prozent besteuert, von 10 bis 50 Millionen mit einem Prozent. Ab 50 Millionen Euro schlagen zwei Prozent zu Buche.

„Fette Villa“

Abgesehen von der Ausformung diverser Modelle ist die Einstellung der politischen Parteien in Österreich zu Vermögenssteuern klar verteilt. Bundessprecher Werner Kogler von den Grünen fordert seit langem eine Steuer für Millionenerben. Wenn jemand eine „fette Villa“ oder „astronomische Aktienpakete“ erbe, zahle er nämlich derzeit „nix – null, niente, nada“ für die Gemeinschaft, ortet der Grünen-Chef eine „himmelschreiende Ungerechtigkeit“.

Ablehnend zeigen sich hingegen ÖVP und FPÖ unter dem Motto „keine neuen Steuern“. Auch bei den Neos meint man, eine Vermögenssteuer auf Substanz würde Österreich mehr schaden als nutzen. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger zeigte sich allerdings gegenüber einer Erbschaftsteuer als „gesprächsbereit“.

Unterschiedliche Meinungen

Dr. Margit Schratzenstaller, Senior Economist bei WIFO
„Grundsätzlich sollten
vermögensbezogene
Steuern in Österreich
stärker genutzt
werden.“ Margit Schratzenstaller,
Ökonomin, Wifo

Und was sagt die Wissenschaft? Hier gibt es durchaus differierende Meinungen. Während etwa das gewerkschaftsnahe Momentum Institut für Formen der Vermögensbesteuerung eintritt, ist die wirtschaftsliberale Agenda Austria dagegen. Deutlich positioniert sich Margit Schratzenstaller, bekannte Ökonomin am Wifo: „Grundsätzlich sollten vermögensbezogene Steuern in Österreich stärker genutzt werden: Sie können die Chancengleichheit erhöhen, sie verursachen weniger Ausweichreaktionen als andere Steuern, und aufgrund der steigenden Bestände und Konzentration von Vermögen haben sie ein beträchtliches und langfristig steigendes Aufkommenspotenzial.“

Gegner der Vermögensbesteuerung meinen allerdings, dass die Abgabenlast in Österreich schon heute sehr hoch sei und Einkommen ohnedies bereits besteuert wird, bevor es angespart, investiert oder eben auch vererbt wird.

„Linke“ und „Gstopfte“

Ziehen wir ein Fazit: Es gibt gute Argumente gegen und für unterschiedliche Formen der Besteuerung von hohen Vermögen. Schade ist, dass in der politischen Diskussion zumeist nicht fachlich argumentiert wird. Die Befürworter werden dann schnell einmal als „linke Agenten“ bezeichnet, die Gegner als „Gstopfte“. Bitte Argumente auf den Tisch legen, dann kann der Wähler bei der „Millionenfrage“ mitentscheiden.

Harald Kolerus 2-e1666618640728
Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

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