6. November 2021

Steuerreform: Kein großer Wurf

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Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

Gut, aber nicht ideal: So könnte man die jüngste Steuerreform Österreichs zusammenfassen. Wirtschaftsexperten bemängeln unter anderem, dass noch immer nicht konsequent genug gegen die kalte Progression vorgegangen wird.

Das GELD-Magazin hat bei Ökonominnen nachgefragt, wie sie mit der türkis-grünen Steuerreform zufrieden sind. Hier setzt es sowohl Lob als auch Tadel.

Spürbare Entlastung

Dr. Monika Köppl-Turyna, Direktorin des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria
Dr. Monika Köppl-Turyna, Direktorin des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria

Monika Köppl-Turyna, Direktorin des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria, meint zum Gesamtpaket der Steuerreform: „Schon durch die signifikante Senkung der Tarifstufen rechnen wir mit einem hohen Impuls für den Konsum. Es gibt eine spürbare Entlastung, der ganz große Wurf ist allerdings nicht gelungen.“

Heißes Eisen: Kalte Progression

Neben dem Klimawandel ist die kalte Progression ein heißes Eisen der Steuerpolitik. Köppl-Turyna: „Ein an die Inflation angepasster Automatismus bei den Einkommenssteuer-Stufen wäre der richtige Weg, um der kalten Progression entgegenzuwirken. Von dieser werden Niedrigverdiener besonders hart getroffen. Auch das könnte man im Rahmen des Automatismus berücksichtigen und diese Gruppe stärker entlasten.“ 

Dr. Margit Schratzenstaller, Senior Economist bei WIFO
Dr. Margit Schratzenstaller, Senior Economist bei WIFO

Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller äußert sich ähnlich: „Grundsätzlich halte ich eine regelmäßige automatische Anpassung der Tarifstufen an die Inflation für die beste Lösung, weil kalte Progression damit vermieden wird, ohne dass es einer politischen Entscheidung bedarf. Umgekehrt schafft der Verzicht auf die Indexierung alle paar Jahre budgetären Spielraum, um den Steuertarif in größerem Umfang anzupassen und damit etwa auch Umverteilungsziele zu berücksichtigen.“

Unternehmen gestärkt

Schratzenstaller weiter: „Die Unternehmen werden ab 2025 mit insgesamt knapp 1,5 Milliarden Euro entlastet, das ist immerhin ein Fünftel der gesamten Bruttoentlastung. Allerdings wurden mit den beiden letzten Steuerreformen 2009 beziehungsweise 2016 hauptsächlich Lohn- und Einkommensteuer gesenkt. Daher ist grundsätzlich nachvollziehbar, dass die geplante Steuerreform Unternehmen stärker berücksichtigt. Wünschenswert wäre angesichts der hohen Abgaben auf die Arbeit auch für Unternehmer jedoch gewesen, die Priorität auf die Senkung der Lohnnebenkosten anstatt der Körperschaftsteuer zu legen.“

Schwächeren helfen

Außerdem gibt es in Österreich viele Personen, die Aufgrund niedriger Einkommen gar keine ESt zahlen. Wie können diese Menschen unterstützt werden? Schratzenstaller: „Diese Personen können durch eine Reduktion von Sozialversicherungsbeiträgen entlastet werden, wie sie mit der Steuerreform ja auch geplant ist.“

Tipp für interessierte Leser: Das GELD-Magazin befasst sich in seiner kommenden Ausgabe (November 2021) intensiv mit dem Thema Steuerreform.

Fotocredit: beigestellt, Adobe Stock magele-picture

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Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

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