fbpx
2. März 2021

Kryptowährungen sind aus ESG-Perspektive bedenklich

SchuhMoritz sw
Moritz Schuh, MSc Economist | Contributing Editor | Blockchain Enthusiast

Interview mit Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management über Investitionen in Kryptowährungen.

Sie haben Investitionen in Kryptowährungen aus ESG-Sicht betrachtet, zu welchen Schlussfolgerungen sind Sie gekommen?

Mark Dowding
Mark Dowding ist Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management. Als leitender Portfoliomanager verfügt er über mehr als 26 Jahre Anlageerfahrung im Bereich Makro-Fixed Income.

Mark Dowding: ESG wird für die Beurteilung sozial verantwortlicher Investments herangezogen und steht dabei für Um­weltfaktoren, soziale Faktoren und Faktoren im Zu­sammenhang mit Governance. Bei Kryptowäh­rungen sehe ich dabei mehrere Probleme: Aus sozia­ler Sicht gibt es eine Menge an Aktivitäten, die Bit­coin zur Finanzierung krimineller Machenschaften verwenden. Das liegt daran, dass die Geltungsbe­reiche der Finanzregulierung und der Geldwäschere­geln sich nicht auf Kryptowährungen erstrecken. In Bezug auf Governance und Anlegerschutz gab es in der Vergangenheit viele Vorfälle, bei denen Börsen gehackt oder Privatanleger betrogen wurden. Der dritte und zunehmend wichtigere Punkt ist die Be­einträchtigung der Umwelt. Um Bitcoin zu minen, wird immer mehr Rechenleistung und damit Energie benötigt. Mit den Preisen steigt der Anreiz zum Mi­ning und daher wächst der Energieverbrauch des Netzwerks parallel mit den Kursen. Ende letzten Jah­res entsprach der gesamte Stromverbrauch des Bit­coin-Miningnetzwerks dem eines Landes der Größe Argentiniens. Diesen enormen ökologischen Fußab­druck können Anleger, die nach ESG-Kriterien inve­stieren, nicht außer Acht lassen.

Kryptowährungen gelten als neue Assetklasse, die gerade erst ihren Platz findet. Müsste man ihre ökologischen Auswirkungen nicht in Relation zu anderen Vermögenswerten setzen, von denen Liquidität in ihre Richtung abfließt?

Mark Dowding: Ich habe keine Daten zur Hand, die die ökologischen Auswirkungen von Bitcoin im Verhältnis zu anderen Branchen oder Assets darstellen. Ich würde jedoch feststellen, dass die anderen Branchen, die wir be­trachten, Güter und Dienstleistungen produzieren, die in unserem täglichen Leben benötigt werden. Die im Zusammenhang mit Bitcoin verbrauchte Energie ähnelt eher einer für reine Finanzspekulationen. Wirft man einen Blick auf den Chart, sieht es für mich nach einem Vermögenswert aus, der eine Rolle für Finanzspekulationen spielt und nicht etwa, um sich gegen Inflationsrisiken in Portfolios abzusichern. Vielleicht ist der Vergleich mit dem Goldrausch eine interessante Parallele – offensichtlich wurde auch während des Goldrausches der Umwelt viel Schaden zugefügt. Heute sind globale ökologische Bedenken aber gegenwärtiger und spielen auch für Anleger eine größere Rolle.

Häufig hört man, dass Bitcoin-Mining als Export für überschüssige Energie – etwa aus Wasserkraftwerken – genutzt wird, wenn diese die lokale Nachfrage übersteigt. Wäre das kein Faktor, der berücksichtigt werden sollte?

Mark Dowding: Es macht durchaus Sinn, Energie dort zu verbrau­chen, wo sie am billigsten ist. Viele Miner mögen deshalb auch saubere Energie nutzen, doch andere Verbraucher müssen dadurch notwendigerweise auf schmutzigere Energieformen ausweichen. Ein ande­rer Punkt, der hier zu beachten ist, ist, dass der An­reiz zum Mining steigt, je höher der Preis ist. Sollte es bisher beispielsweise kaum wettbewerbsfähig ge­wesen sein, Energie aus einem Kohlekraftwerk zu nutzen, wird dies in der Zukunft rentabel werden.

Könnte eine Reifung des Marktes, der Vorschriften und der Technologie Kryptowährungen ESG-konformer machen?

Mark Dowding: Das ist eine sehr interessante Frage. Ich denke, dass dies aus ESG-Sicht wahrscheinlich immer bedenklich bleiben wird: Weil die eigentliche Attraktivität von Kryptowährungen in ihrer unregulierten Natur au­ßerhalb der Zuständigkeit der Regierungen liegt. Da niemand kontrolliert, ist mir nicht klar, wie es zu einem Anreiz für mehr Nachhaltigkeit kommen soll. Nur weil ein Bitcoin-Miner ethisch handelt und sau­bere Energie nutzt, heißt das nicht, dass andere das­selbe tun müssen. Folglich denke ich, dass ESG-Überlegungen niemals im Vordergrund der Funkti­onsweise von Kryptowährungen stehen werden.

SchuhMoritz sw
Moritz Schuh, MSc Economist | Contributing Editor | Blockchain Enthusiast

Zum Newsletter anmelden

Bestellen Sie kostenfrei und unverbindlich den GELD-Magazin Newsletter, als optimale Ergänzung zur Print-Ausgabe von GELD-Magazin!
Zwei Mal im Monat versenden wir den Newsletter mit Themen rund um den Finanzmarkt und Wirtschaft.

Sie haben sich erfolgreich eingetragen.