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19. März 2021

Bitcoin und Blockchain – der Wert der Digitalisierung

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Wolfgang Regner Redakteur

Angesichts der spektakulären Kursgewinne für Bitcoin und andere Kryptowährungen erhöhen immer mehr Investoren ihre Allokationen in digitale Währungen. Damit scheinen sich die digitalen Assets als Anlageklasse zu etablieren. Dazu mehr im Interview mit Invesco-Chefökonom John Greenwood.

John Greenwood, Chief Economist bei Invesco

Herr Greenwood, Sie haben einen genaueren Blick auf den Wert von digitalen Währungen und ihren Platz in Anlageportfolios geworfen. Wie lautet Ihr Fazit?

John Greenwood: Trotz seiner spektakulären jüngsten Performance dürfte Bitcoin letztlich meine Überzeugung bestätigen, dass der wahre Wert dabei in der zugrunde liegenden Technologie – der Blockchain – und nicht im Vermögenswert selbst liegt. Im Gegensatz zu geläufigen Verweisen auf Bitcoin als „digitales Geld“, „digitales Gold“ oder „neue Form des Geldes“ denke ich, dass Bitcoin im Grunde genommen nichts anderes ist als ein auf Dollar lautender, rohstoffähnlicher Vermögens-wert, eine hochspekulative Anlageklasse ohne offensichtliche intrinsische, langfristige Vorteile gegenüber anderen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Immobilien.

Wie haben institutionelle Anleger reagiert?

John Greenwood: Sie haben sich zuletzt immer stärker im Bitcoin und anderen Kryptowährungen engagiert. Anleger, die Bitcoin gekauft haben, müssen sich auf eine Achterbahnfahrt einstellen. Wir haben den Eindruck, dass derartige digitale Währungen einfach zu kaufen, aber nur sehr schwer zu verkaufen sind, rechnen hier also mit einer sehr großen Geld-Brief-Spanne, vor allem in einem fallenden Markt. Das gilt umso mehr, als der Markt immer noch relativ illiquide ist – mehr als 90 Prozent des aktuellen Bestands an Bitcoins liegen auf rund zwei Prozent der bestehenden Konten in der Blockchain.

Wann kommt der ultimative Test der Kryptowährungen?

John Greenwood: Ein wichtiger Test für Bitcoin und andere digitale Währungen wird sein, wie sie auf eine anziehende Verbraucherpreisinflation und höhere Zinsen reagieren. Angesichts des aktuell starken Geldmengen- und Kreditwachstums halten wir ein solches Szenario in absehbarer Zukunft für wahrscheinlich. Wir vermuten, dass Bitcoin wieder abstürzen wird, wenn die US-Zinsen in nennenswertem Umfang nach oben drehen. Dieser Zinstest steht den Investoren noch bevor.

Ist Bitcoin das neue Geld? Eine neue Währung?

John Greenwood: Bitcoin hat nicht allein dadurch, dass sein Angebot begrenzt und endlich ist, schon einen inneren Wert. Und da Bitcoin keine mit der Dividenden- oder Ertragsrendite einer Aktie oder dem Kupon einer Anleihe vergleichbare Rendite aufweist, sind auch Analysen von Risikoprämien gegenüber anderen Finanzassets unmöglich. Bitcoin erfüllt auch nicht die drei grundlegenden Merkmale von Geld: eine relative Stabilität als Wertspeicher, Angebotselastizität und eine potenzielle Funktion als Recheneinheit sowie die Möglichkeit, als Tauschmittel verwendet zu werden.

Als Geldmengenersatz für große Volkswirtschaften ist Bitcoin also nicht geeignet?

John Greenwood: Davon gehen wir aus, da der gesamte nominale Bestand an Bitcoin durch seinen ursprünglichen Code begrenzt ist und sich der ausstehende Bestand an Bitcoin nicht steuern lässt. Die Geldmenge muss jedoch „elastisch“ sein, damit Geschäftsbanken und die Zentralbank mehr Geld schaffen können, um Transaktionen zu erleichtern, wenn die Wirtschaft wächst. Umgekehrt muss eine traditionelle Zentralbank in der Lage sein, eine gewisse „Disziplin“ über die Geldmenge auszuüben, indem sie die Kreditkonditionen verschärft oder Mittel aus den Geldmärkten abzieht. Wie bei Gold und Silber gilt auch hier: Wenn Bitcoin als Währung in diesem Sinne dienen sollte, hätte jede starke Aufwertung katastrophale Folgen für die betroffene Wirtschaft.

Wie sieht Ihr Ausblick aus?

John Greenwood: Der Digitalisierung von Währungen gehört zwar ohne Zweifel die Zukunft. Erfolgreich werden diese aber nur als Teil des bestehenden Finanzsystems mit einem stabilen monetären Rahmen sein. Die Gesellschaft wird zwischen zwei potenziellen Architekturen wählen müssen: einem Zahlungssystem mit einer vertrauenswürdigen zentralen Autorität, das heißt, einer Zentralbank, oder einem dezentralen System, ähnlich wie Bitcoin. Für das Überleben der privat ausgegebenen digitalen Währungen ist ihre künftige Regulierung daher absolut entscheidend.

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Wolfgang Regner Redakteur

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