Verschwörungs-Mythen: Abstrus bis brandgefährlich
Wussten Sie schon, dass in Wirklichkeit Echsenwesen die Welt beherrschen, dass Hugo Chávez die US-Wahlen manipuliert hat und Corona eine reine Erfindung ist? Willkommen in der Welt der Verschwörungstheorien.
So ist das also: Gelder aus Kuba, Venezuela und China haben das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl umgedreht und Donald Trump den wohlverdienten Sieg gekostet. Posthum hatte dabei sogar Venezuelas ehemaliger Staatschef Hugo Chávez seine Finger im Spiel. Der 2013 verstorbene Autokrat soll eine Software entwickelt haben, mit der jetzt Wahlmaschinen in den USA manipuliert wurden. So behauptet es jedenfalls das Anwaltsteam rund um Trump.
Welterklärungsmodelle
Die „Chávez-Theorie“ fügt sich in ein weit gesponnenes Netzwerk von Verschwörungs-Mythen, die heute nicht nur im Verborgenen sprießen. Der Bogen ist weit gespannt und reicht von der Entführung
Elvis` durch Außerirdische, über Chemtrails, die unsere Gehirne vernebeln, bis zu Reptilienwesen als wahren Herren der Welt. Wie kann man an so etwas ernsthaft glauben? Michael Butter, Professor für amerikanische Literatur und Kulturgeschichte, forscht intensiv zum Thema Verschwörungstheorien. Im Gespräch mit dem GELD-Magazin meint er: „Die Attraktivität von solchen Theorien liegt darin, dass sie die Welt scheinbar erklären und nichts mehr dem Zufall überlassen wird. Offensichtlich ist es für viele Menschen einfacher, zu glauben, dass einige Bösewichter in Hinterzimmern die Strippen ziehen, als dass Ereignisse auch auf Zufall basieren können. Und durch manche Verschwörungs-Mythen muss man es sich nicht eingestehen, dass die gegnerische Seite gewonnen hat, wie das im Falle einiger Trump-Anhänger passiert. Das
stärkt das eigene Welt- und Selbstbild.“
Harmlos bis brandgefährlich
Wobei nicht jede Verschwörungstheorie gefährlich ist. Was wäre schon schlecht daran, würde Elvis wirklich noch leben? Brenzlig wird es allerdings, wenn Verschwörungs-Mythen antidemokratische Züge aufweisen (siehe etwa den Sturm auf das US-Kapitol), rassistisch ausgerichtet sind oder als Katalysator für Aggressivität dienen. Manchmal sind alle diese Faktoren auch in einer Theorie miteinander verwoben. Ebenfalls brandgefährlich ist das Leugnen medizinischen Wissens. Der Fall war das während des Ausbruchs von Ebola oder in den 1980er-Jahren in Zusammenhang mit AIDS. Heute ist Corona an der Reihe. Gängige Mythen lauten: „Das
Virus ist nicht schlimmer als eine normale Grippe“, „5G-Masten sind für die Verbreitung verantwortlich“, „Corona wurde im Labor entwickelt und gezielt als Bio-Waffe eingesetzt“.
Aufklärung tut not
In dieser Situation ist sachliche Information das oberste Gebot, allerdings schenken überzeugte Verschwörungstheoretiker „etablierten“ Medien und Regierungsstellen zumeist keinen Glauben. Am ehesten können noch Verwandte oder Bekannte einwirken und zumindest andere Sichtweisen aufzeigen. Einfach ist das nicht: Laut Umfragen sind rund 30 Prozent der Österreicher der Meinung, dass an Verschwörungstheorien meistens auch ein Funken Wahres dran sei.