Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) verharmlost die atomaren Risiken rund um die AKW-Ruine von Tschernobyl. Das behauptet Greenpeace. Messungen dokumentierten Radioaktivitätswerte, die den internationalen Grenzwert für Atommüll bis um das Vierfache überschreiten. 

IAEO-Direktor Rafael Mariani Grossi hatte Ende April verkündet, zwar sei erhöhte Strahlung zu verzeichnen, die Werte würden aber keine große Gefahr für die Umwelt oder die Menschen darstellen. „Der IAEO fehlt es an Objektivität. Sie schätzt die Risiken der Atomkraft nicht unabhängig ein”, sagt Thomas Breuer, Atomexperte von Greenpeace Deutschland. 

Starke Belastung

„Damit die Behörde glaubwürdig auf die vielfältigen Gefahren der Atomenergie reagieren kann, muss sie künftig von einer Agentur zur Verbreitung von Atomkraft zu einer Überwachungsbehörde umgebaut werden. Die Expertise und Expert:innen dazu hat sie“, so Breuer. 

Auf ihrer viertägigen Messtour analysierte das Greenpeace-Team 19 selbst genommen Proben aus dem Areal, in dem russische Soldaten Schützengräben ausgehoben und so radioaktiv verstrahlte Erde freigelegt haben. Den ukrainischen Behörden wurden die stark kontaminierten Proben vor Ort übergeben. Darüber hinaus konnten die Umweltschützer weitere Schäden durch russische Truppen mit Hilfe einer Auswertung von Satellitenbildern nachweisen. Eine Datenbank mit wichtigen Informationen zu radioaktiv belasteten Flächen der Region wurde nach ukrainischen Angaben vernichtet, ein Labor geplündert. Die wissenschaftliche Arbeit zum Umgang mit der Verstrahlung wurde um Jahrzehnte zurückgeworfen. 

Weitere Gefahren

Die Greenpeace-Messungen wurden von der ukrainischen Regierung genehmigt. Erstmals seit Beginn des völkerrechtswidrigen Krieges Russlands gegen die Ukraine wurde damit eine russische Stellung unabhängig untersucht. Während die Atomruine Tschernobyl wieder von der Ukraine gesichert wird, sei es beunruhigend, dass das weltgrößte AKW in Zaporizhzhia nicht unter der Kontrolle der Atomaufsicht in Kyiv steht und darüber hinaus in einer umkämpften Region liegt. „Atomanlagen können genauso wie Atomwaffenstützpunkte Angriffsziele sein oder sogenannte kollateral Schäden werden”, sagt Breuer.

Greenpeace/HK