29. Oktober 2021

Taiwan: Krieg nur eine Frage der Zeit?

Harald Kolerus 2-e1666618640728
Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

Der Konflikt um Taiwan spitzt sich zu: Denn China streckt bedrohlich seine Fühler nach der „abtrünnigen Provinz“ aus und rasselt kräftig mit dem Säbel. Auf der anderen Seite stehen die USA als Schutzmacht Taiwans. Auch ein Krieg scheint nicht ausgeschlossen.

Univ.-Prof. i.R. Mag. Dr. Susanne Weigelin-Schwiedrzik
Univ.-Prof. i.R. Mag. Dr. Susanne Weigelin-Schwiedrzik

Die renommierte China-Expertin Weigelin-Schwiedrzik (Uni Wien Professorin im Ruhestand) erläutert im Gespräch mit dem GELD-Magazin die komplexe Situation: „Peking hat als Teil des nationalistischen Programms über Jahrzehnte hinweg mit Nachdruck vermittelt, dass es nur ein China gibt. Die Bevölkerung wurde auf dieses patriotische Anliegen ausgerichtet. Die Staatsführung darf die Wiedervereinigung gar nicht aufgeben, sonst wäre die Bevölkerung höchst verwirrt und enttäuscht.“

Krieg als Ablenkungsmanöver 

Weigelin-Schwiedrzik: „Man darf nicht vergessen, dass China in großen fiskalischen und wirtschaftlichen Problemen steckt. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Staatsführung greift in die Privatwirtschaft ein usw. Es wäre denkbar, dass China in einem militärischen Konflikt mit Taiwan die eigene Bevölkerung von den internen Schwierigkeiten abzulenken versucht. Ein Muster, dass wir schon oft in der Weltgeschichte beobachten mussten und das erstaunlicherweise noch immer funktioniert.“

Früher oder später …

„Wenn man mit Taiwanesen spricht, herrscht die klare Meinung vor, dass es früher oder später zu einem Krieg kommen wird. Fragt man, wie dieser Konflikt ausgehen könnte, erhält man hingegen keine Antwort. In Taiwan ist man sich bewusst, dass ein solcher Konflikt Weltkriegsmaßstäbe einnehmen könnte, deshalb äußert man sich sehr zurückhaltend.“ Aus ihren Gesprächen mit Militär-Experten und Taiwan-Kennern hat Weigelin-Schwiedrzik erfahren, dass sich Taiwan laut diesen Einschätzungen gegen einen massiven Angriff nur zehn Tage bis drei Wochen aus eigenen Kräften wehren könnte. „Wenn keine Hilfe kommt, könnte sich Taiwan seinem Schicksal fügen“, so die China-Spezialistin.

Kriegsmüde USA

Wie könnten nun die USA reagieren? Weigelin-Schwiedrzik: „Zunächst muss man wissen, dass die Vereinigten Staaten Taiwan offiziell nicht als unabhängigen Staat anerkennen! Sie verfolgten bisher eine Politik der Ambivalenz gegenüber Taiwan. Einerseits wollen sie vermitteln, dass ein Angriff für China riskant wäre. Andererseits wollen sie Taiwan auch nicht dazu animieren, den Schritt zur offiziellen Unabhängigkeit zu setzen. Unter Trump ist man etwas von dieser Politik abgewichen, der damalige Außenminister Michael Pompeo stellte die Frage, ob es nicht der richtige Zeitpunkt wäre, Taiwan als eigenen Staat anzuerkennen. Dem Vernehmen nach hat Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen abgewunken. Die Zeit sei noch nicht reif. Nun liegt es an Joe Biden ein neues Gleichgewicht zu finden. Wobei meiner Einschätzung nach zum jetzigen Zeitpunkt die USA wenig Interesse an einem bewaffneten Konflikt haben.“

Fazit: Es wäre jetzt natürlich vermessen, eine militärische Auseinandersetzung zu prognostizieren, die Situation sollte aber genau im Auge behalten werden. Das kommenden GELD-Magazin (November 2021) beschäftigt sich eingehend mit dem Taiwan-Konflikt.

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Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

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