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23. Juni 2022

Stagflation: Risiko steigt

Pascal Blanqué, Chairman des Amundi Institutes, erläutert die Gründe für die drohende Stagflation. Die Hauptursache sieht er darin, dass zugunsten der Technologiebranche lange Zeit zu wenig Kapital in die Old Economy investiert wurde.

Pascal Blanqué, Chairman des Amundi Institutes
Pascal Blanqué, Chairman des Amundi Institutes

„Unterinvestitionen in die Old Economy haben, wenn auch mit Verzögerung, die Rückkehr der guten alten Inflation angeheizt, während Überinvestitionen in einigen Bereichen der so genannten New Economy bestimmte Sektoren finanziell aufgebläht haben. So geschehen in der Internetblase 1999 und im Technologie-Hype zwischen 2015 und 2021“, so Blanqué. 

Stagflation droht

Das Hauptrisiko des neuen Inflations-Regimes sei eine Kombination aus weniger Wachstum oder sogar Rezession und mehr Inflation, also Stagflation: „Die bislang angestrebten Eigenkapitalrenditen, also der Return on Equity, sind in dieser neuen Konstellation nicht mehr tragfähig. Die Ertragserwartungen werden sich anpassen müssen in einer Welt, die sich rasant in Richtung höhere Inflation und Finanzierungskosten bewegt. 

Anleger sollten bedenken, dass die derzeit hohen Vermögenspreise nachgeben können. Im Gegenzug verspricht die internationale Diversifizierung größere Vorteile als bisher, weil die weltweite Synchronisierung der makroökonomischen und geldpolitischen Zyklen sich verlangsamt. Generell empfehlen sich in dieser Situation Value-Aktien und Sektoren, die vielleicht weniger glamourös sind, dafür aber über nachhaltigere Geschäftsmodelle verfügen.“ 

Unter Druck

 „Neben dem Stagflationsrisiko wird der finanzielle Druck auf den Westen zunehmen, da weniger Finanzkapital aus dem Ausland zur Verfügung stehen wird. Das wiederum wird auch den Druck auf die Zinssätze erhöhen. Das neue, stärker an der Inflation orientierte Regime, das durch geringere Renditen auf Vermögenswerte und höhere Renditen auf das Kapital gekennzeichnet ist, wird auch mit einer Neugewichtung der relativen Anteile von Kapital und Arbeit einhergehen und die Arbeit begünstigen.

Wenn die Zentralbanken es mit der Eindämmung der Inflation nicht so genau nehmen und sie laufen lassen, ohne die realen Zinssätze auf das notwendige Niveau anzuheben, dann schaffen sie damit einen Zeitpuffer für Risikoanlagen. Aber sie halten die Entwicklung nur auf, anstatt sie zu verhindern. Entweder werden Anleiheinvestoren gezwungen sein, trotz niedriger Realzinsen Anleihen zu kaufen und dafür risikobehaftete Vermögenswerte zu verkaufen, oder die Marktkräfte werden letztendlich durch steigende Zinssätze die Bewertungen drücken.“

Platzt die Blase?

„Es bleibt abzuwarten, ob zuerst die Vermögensblase platzt oder der Inflationszyklus sich verlängert. Eine platzende Vermögensblase kann den Inflationszyklus der Realwirtschaft stoppen und sogar umkehren. Andererseits kann die Inflation auch die Blase noch verlängern. Am wahrscheinlichsten dürfte sein, dass Inflationszyklus und das Platzen der aufgeblähten Vermögenspreise zusammenfallen. Die Inflationsdynamik wird von der Angebotsseite angetrieben – das Platzen einer Blase, die sich auf einen begrenzten Bereich der Weltwirtschaft beschränkt, wird sie nicht ausbremsen können. Das zentrale Risiko ist damit Stagflation.“ 

Amundi/HK

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