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20. Juni 2022

Schulden: Neue Krise droht

Jan Viebig, Chief Investment Officer von ODDO BHF, befasst sich mit aufkeimenden Sorgen vor einer neuen Euro-Staatsschuldenkrise: Investoren fürchten, dass die Kombination von steigenden Zinsen und hohen Schulden eine neue Eurokrise wie in 2011/12 auslösen könnte. 

Jan Viebig, Chief Investment Officer von ODDO BHF
Jan Viebig, Chief Investment Officer von ODDO BHF

Viebig: „Die 10-jährigen Renditen in Griechenland sind diese Woche auf bis zu 4,72% angestiegen, die in Italien auf 4,17%. In Spanien und Portugal ist der Anstieg etwas moderater, aber ebenfalls deutlich. Die Entwicklung weckt Erinnerungen an die europäische Staatsschuldenkrise von 2011/12.“ 

Kritische Situation

Der Experte meint weiter: „Tatsächlich ist die Ausgangssituation auf den ersten Blick kritischer als im Jahr 2010. Die Schuldenquoten waren Ende 2010 in allen vier Peripheriestaaten – Spanien, Portugal, Italien und Griechenland – deutlich niedriger als Ende 2021. Auf kürzere Sicht rechnen wir dennoch nicht mit einer ähnlichen Zuspitzung der Lage wie 2011/12.

 Die EZB hat die Märkte am 15.6.2022 überrascht. Die Notfall-Sitzung zeigt, dass auch die EZB eine sprunghafte Ausweitung der Renditedifferenzen befürchtet. In der außerordentlichen Sitzung kündigte die EZB an, dass sie die Wiederanlage fällig werdender Anleihen des PEPP-Programms nutzen wird, um den geldpolitischen Transmissionsmechanismus aufrechtzuhalten.“

Peripherie: Stark verschuldet

„Mit anderen Worten: Die EZB wird die Rückzahlungen aus dem PEPP-Programm nutzen, um Anleihen der hochverschuldeten Peripheriestaaten zu kaufen, wenn deren Renditen stark steigen. Zudem hat die EZB angekündigt, dass sie an einem Instrument zur Bekämpfung der Fragmentierung arbeiten wird. Wie dieses Hilfsprogramm aussehen und ob es an Reformauflagen gebunden sein wird, ließ die EZB offen. Ob eine auf die Preisstabilität verpflichtete Zentralbank solche Instrumente überhaupt beschließen darf, bleibt strittig. Eigentlich wäre es Aufgabe der demokratisch gewählten Parlamente der EU-Mitgliedstaaten und der EU, solche Hilfsprogramme zu beschließen“, so Viebig.

Hohes Risiko

Der Experte abschließend: „Obwohl wir derzeit keine Eurokrise wie im Jahr 2011/12 erwarten, investieren wir das uns anvertraute Kapital nicht in Anleihen der Peripheriestaaten, da aus unserer Sicht das Risiko hoch ist, dass sich die Renditedifferenzen weiter ausdehnen und der Wert der Anleihen weiter fallen könnte. Die beste Methode, um Verschuldungskrisen im Euroraum dauerhaft zu vermeiden, wäre mehr fiskalpolitische Disziplin in allen EU-Mitgliedsaaten. Aber auch das erwarten wir derzeit nicht.“

ODDO BHF AG/HK

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