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3. Mai 2023

Rezession bleibt wahrscheinlich

Der Krieg in der Ukraine hat Europa nicht in die Energiekrise gestürzt. In den etablierten Industrieländern sinkt die Inflationsrate langsam, aber stetig. Die Gefahr der Rezession ist damit allerdings keineswegs gebannt, meint Investmentexperte Carsten Gerlinger von Moventum AM.

Carsten Gerlinger, Moventum AM, Foto © blinkblink.jpg
Carsten Gerlinger, Managing Director und Head of Asset Management bei Moventum AM

Gemessen an den düsteren Prognosen vor einigen Monaten ist die Konjunktur ziemlich gut gelaufen. Im ersten Quartal 2023 konnte die deutsche Wirtschaft knapp eine Rezession vermeiden, in der Eurozone gab es ein kleines Wachstum. Und während die Kerninflation immer noch relativ hoch ist, sank die Inflationsrate von über zehn Prozent im vergangenen Herbst auf zuletzt nur noch knapp acht Prozent.

Große Risken

Alles wieder gut? Nicht ganz. „Es bleiben starke Risikofaktoren“, mahnt Gerlinger. So macht sich die Wirkung der gestiegenen Leitzinsen erst nach und nach konjunkturell bemerkbar. Auf jeden Fall belasten sie das Wachstum, die Frage ist nur, wie stark und wie lange? „Zudem laufen die pandemiebedingten Nachholeffekte beim Konsum irgendwann aus“, so Gerlinger. Die bisher konjunkturstabilisierenden Extra-Ersparnisse aus der Corona-Zeit sind inzwischen aufgebraucht. Sein Fazit: „Eine Rezession bleibt wahrscheinlich und die politischen Risiken sind groß.“

Die Wachstumsprognosen für die etablierten Industrieländer sind daher mäßig, der Internationale Währungsfonds rechnet dieses Jahr mit einer Halbierung auf 1,3 Prozent. Sicher, das Wachstum in Indien bleibt kräftig, in China zieht es sogar deutlich an. „Das wird das globale Wachstum zwar stützen, jedoch eine Rezession nicht verhindern können“, prognostiziert Gerlinger.

Politische Gefahren

Für Spannung sorgt nicht nur die Konjunkturseite, sondern auch die Politik. So könnte in den USA der Streit zwischen Regierung und Opposition um die Anhebung der Schuldenobergrenze zum Sommerthema 2023 werden. Ein Unsicherheitsfaktor bleibt der Krieg in der Ukraine – die Unterstützung des Westens schwächt seinen fiskalpolitischen Spielraum. Das übergreifende geopolitische Thema bleibt darüber hinaus die „Great Power Rivalry“ zwischen den USA und China: Kommt es zu vermehrten Spannungen um Taiwan? Verbieten die USA irgendwann den Handel mit chinesischen Aktien – so wie sie es mit russischen Aktien gemacht haben? Macht eine vielfach empfohlene Übergewichtung chinesischer Aktien vor diesem Hintergrund Sinn?

Banken als Blackbox

Auch können die Turbulenzen im Finanzbereich jederzeit wieder aufflackern – bislang weiß niemand genau, wie viele Großrisiken in den US-Bankbilanzen schlummern. Bereits der Untergang der Silicon Valley Bank im März hatte die Anleger kalt erwischt. Angesichts dieser Herausforderungen zeigen sich die Aktienmärkte bislang relativ robust. Die gemischten Signale von der Konjunkturseite blieben ohne negative Effekte. Die März-Turbulenzen im Bankensektor wurden problemlos verarbeitet.

„Auch die Berichtssaison der Unternehmen stellt keine Belastung dar“, so Gerlinger. In den vergangenen Wochen waren die Erwartungen bereits deutlich heruntergeschraubt worden. Und schließlich könnten die hohen Shortpositionen dem Markt nicht nur Rückhalt geben, sondern bei einem weiteren Kursanstieg zusätzlich befeuern – nämlich dann, wenn die Shortpositionen plötzlich eingedeckt werden müssen und das zu Käufen führt.

Moventum AM/HK

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