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9. September 2022

Notenbanken: Zinsen steigen deutlich

EZB und Fed drehen die Zinsschraube nach oben. Christian Nemeth, Chef Investment Officer der Zürcher Kantonalbank Österreich, analysiert die aktuelle Notenbankpolitik: Deutlich steigende Leitzinsen sind die logische Folge der aktuellen Wirtschaftssituation.

Jerome Powell hat beim Meeting in Jackson Hole zum weiteren Kurs der Fed Stellung bezogen. Man muss sich darauf einstellen, dass es eher zu einer längeren Zinsanhebungsphase kommen wird. Nemeth: „Wir rechnen für Ende 2022 weiterhin mit einem Leitzinsniveau von 4 Prozent und erwarten beim Zinsentscheid der Fed am 21. September eine Erhöhung um 75 Basispunkte.“

Christian Nemeth, CIO der Zürcher Kantonalbank Österreich
Christian Nemeth, CIO der Zürcher Kantonalbank Österreich

EZB handelt

In Europa sei die Situation komplizierter, weil die Region viel heterogener ist: „Was noch dazu kommt ist, dass wir in Europa mit der Gasabhängigkeit ganz anders betroffen sind, unser Wirtschaftswachstum generell nicht so stark ist und wir auch Schulden-Sorgenkinder wie Italien haben. All das führt zu einer Gemengelage, in der die EZB nicht nur auf die Wirtschaftsdaten schauen kann. Gerade am aktuellen Rand hat die EZB aber in dieser schwierigen Frage Haltung bewiesen. Mit der Entscheidung den Leitzinssatz um 0,75% zu erhöhen, unterstreicht sie die Wichtigkeit der Stabilität des Euros. Wenn der Inflationstrend damit noch nicht unmittelbar gebrochen wird, ist der erfolgte große Zinsschritt als markantes Zeichen zu werten.“

Notenbanken wollen Preisstabilität

„Es ist wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass das primäre Mandat der Notenbanken nicht die Wirtschaftspolitik – hier sind Regierungen zuständig – sondern Preisstabilität ist. Die Notenbank hat kein Interesse daran, eine Rezession heraufzubeschwören. Aber auch wenn diese der Preis wäre, müsste sie sich auf alle Fälle auf ihr ursprüngliches Mandat rückbesinnen. Wir rechnen in unseren aktuellen Prognosen, dass die europäische Wirtschaft Ende des Jahres in eine zumindest kurzfristige Rezessionsphase fallen wird.

Hauptauftrag der Notenbanken ist derzeit ganz klar die Sicherung der Geldwertstabilität. Notenbanken haben zwar keine direkte Handhabe auf Preise. Sie können nur über Zinsen die Angebots- und Nachfrageseite beeinflussen. Indem sie die generellen Finanzbedingungen am Markt verschärfen und die Zinsen anheben, wird in Folgewirkung weniger Nachfrage erzeugt und dadurch kommt es wieder zu einem besseren Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage. Damit sollten die Preissteigerungen zumindest nicht weiter voranschreiten und sich dann mittelfristig wieder zurückbilden.“

Kampf gegen Inflation 

„Dieses prinzipielle Muster der Notenbankpolitik ist vielleicht ein wenig in Vergessenheit geraten, weil wir in den letzten 10, 20 oder 30 Jahren eher von Deflationsängsten gesprochen haben. Das war die Phase, wo die Notenbanken mit unkonventionellen Maßnahmen wie Quantitative Easing oder Kurvenkontrolle wie in Japan gearbeitet haben. Jetzt kommt eher wieder das traditionelle Instrumentarium zum Einsatz und das ist vielleicht für einige ein wenig überraschend. Auch wenn man in die letzte Hochinflationsphase in den Siebzigerjahren zurückgehen muss, handelt es sich jedoch prinzipiell um die einfachere Übung, da die Mechanismen seit vielen Jahrzehnten erprobt sind und die Notenbanken eine lange Erfahrung bei dieser Aufgabe haben.“

Zürcher Kantonalbank Österreich AG/HK

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