Notenbanken: Schwieriger Spagat
Die Notenbanken möchten sich die Flexibilität erhalten, kurzfristig auf unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungen reagieren zu können. In ihrer Kommunikation über die zu erwartenden Zinsschritte schlagen die Zentralbanken deshalb nun einen neuen Weg ein.
Die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking, Alexander Eberan und Karl Freidl, kommentieren: „War in den letzten Monaten aus diversen Andeutungen immer recht klar erkennbar, dass Zinserhöhungen bevorstanden, so wollen die Banker nun auf die jeweils aktuelle Datenlage mit kurzfristigen Änderungen in der Geldpolitik reagieren. Weder die US-Notenbank Fed noch die EZB lassen sich aktuell in die Karten schauen, ob für September eine weitere Erhöhung geplant oder eine Pause denkbar ist. Doch auch nach einer Pause, so EZB-Präsidentin Christine Lagarde, seien weitere Schritte im Zinserhöhungszyklus möglich.“
In der Zwickmühle
„Der Kampf gegen die Inflation sei noch nicht gewonnen, sagten die Notenbanker in Jackson Hole. Allerdings wird die weitere Strategie immer schwieriger, je weiter die Inflationsbekämpfung voranschreitet, da die Signale aus der Wirtschaft uneinheitlich sind. Trotz Zinserhöhungen sind die Daten aus der US-Wirtschaft recht robust. Die Wirtschaft ist zuletzt gewachsen und der Arbeitsmarkt ist stabil.
In Europa scheint der Wirtschaftsmotor etwas ins Stottern geraten zu sein. Insbesondere in Deutschland zeigen sich bei einer vergleichsweise hohen Inflation Rezessionstendenzen. Nun soll die Teuerung zwar eingedämmt werden, gleichzeitig aber eine schwere Rezession vermieden werden – ein schwieriger Spagat, zumal sich Zinserhöhungen in der Regel erst mit einer Verzögerung von vielen Monaten vollständig in der Wirtschaftsleistung und am Arbeitsmarkt niederschlagen.“
Ende des Zinszyklus?
„Die Märkte können sich also im Vorfeld weniger auf die weitere Vorgehensweise der Notenbanken einstellen. Dies dürfte die Volatilität erhöhen. Die angekündigte vorsichtigere Vorgehensweise könnte ein Signal dafür sein, dass die Zinserhöhungszyklen bereits weit fortgeschritten sind. Dennoch ist nicht vorherzusehen, wann der Zinshöhepunkt erreicht sein wird und wie lange die Zinsen auf dem hohen Niveau bleiben werden, bis wieder Zinssenkungen vorgenommen werden.
Eine robuste Wirtschaft würde längerfristig höhere Zinsen bedeuten. Schlittert die Wirtschaft jedoch wider Erwarten in eine stärkere Rezession, sind sogar baldige Zinssenkungen möglich, insbesondere wenn die Inflation gleichzeitig sinkt und nicht durch andere Faktoren befeuert wird. Sollte die Inflation trotz Wirtschaftswachstum weiter sinken und sich nachhaltig dem 2%-Ziel annähern, wäre ein Soft Landing gelungen und es sind ebenfalls Zinssenkungen denkbar. Gibt es anhaltend widersprüchliche Daten, dann wird es spannend, welchen Daten die Notenbanken Gewicht beimessen werden, um ihre weitere Strategie festzulegen.“
Steiermärkische Sparkasse/HK