NATO: Neue Weichen für Verteidigung
Der NATO-Gipfel vom 24.–26. Juni in Den Haag wird ein entscheidender Moment für die europäische Verteidigungsstrategie und die Rüstungsindustrie sein, meint Aneeka Gupta, Direktorin im Bereich Makro-Research beim Vermögensverwalter WisdomTree.
Der andauernde Krieg Russlands in der Ukraine, die Eskalation im Nahen Osten und die zunehmenden Sicherheitsbedenken im indo-pazifischen Raum zwängen Europa dazu, seine langjährige Abhängigkeit von den USA im Verteidigungsbereich zu überdenken. Was mit einem symbolischen Ziel von 2 % des BIP begann, habe sich zu einem knallharten Vorstoß in Richtung 5 % entwickelt. Dabei seien 3,5 % für den Kernbereich der Verteidigung und 1,5 % für angrenzende Gebiete wie Cybersicherheit und Infrastruktur vorgesehen. NATO-Generalsekretär Mark Rutte stellte diesen neuen Rahmen im Vorfeld des Gipfels der Staats- und Regierungschefs vor und bezeichnete ihn als „großen Sprung nach vorn“ und als entscheidend für die Stärkung der Abschreckung im gesamten Bündnis.
SAFE: Flaggschiff der Verteidigung
Europa gehe nun über politische Zusagen und diplomatische Anstöße hinaus und führe finanzielle Bedingungen in die Gleichung ein. Im Mittelpunkt stehe dabei die 150 Milliarden Euro schwere Plattform „Strategische Technologien für Europa“ (STEP) – früher bekannt als SAFE – die als Flaggschiff der EU für die verteidigungsindustrielle und technologische Resilienz positioniert werde. Diese neue Bedingung diene als mächtiger wirtschaftlicher Hebel, insbesondere für Länder, die auf EU-Mittel angewiesen seien, aber zu wenig in die Verteidigung investierten. Sie signalisiere, dass Brüssel von den Mitgliedstaaten erwarte, dass sie sich sowohl in finanzieller als auch in industrieller Hinsicht engagieren.
Eine der bemerkenswertesten Veränderungen, die sich auf dem Gipfel durchsetzen dürften, sei die Entstehung einer de facto Europäischen Verteidigungsindustriestrategie (European Defence Industrial Strategy, EDIS). Diese Bewegung spiegele den wachsenden Konsens darüber wider, dass Europa bei der Sicherung seines Verteidigungsbedarfs unabhängiger werden müsse, zumal die transatlantische Politik immer weniger vorhersehbar sei. Die NATO schreibe zwar keine „Buy European“-Politik vor, setze aber Kompetenzziele (z. B. Raketenabwehr, Logistik, Langstreckenfeuer), die Mitgliedstaaten erfüllen müssen. Um diese Ziele zu erreichen, entschieden sich einige EU-Länder dafür, Verteidigungslösungen aus Europa zu beziehen, um ihre industrielle Basis zu stärken und die Abhängigkeit von externen Anbietern, insbesondere von US-Systemen, zu verringern, da sie sich Sorgen über die zukünftige transatlantische Verlässlichkeit machten.
NATO neu
Dazu sei eine stärkere Standardisierung bei allen NATO-Streitkräften erforderlich, insbesondere bei der Konstruktion von Plattformen, Datenprotokollen und Logistiksystemen. Ältere Systeme, die die Anforderungen an die Interoperabilität nicht erfüllen könnten, würden es schwer haben, in Zukunft Aufträge zu erhalten, während Erstausrüster, die NATO-konforme, aufrüstbare und modulare Systeme liefern können, am meisten profitieren dürften.
Der NATO-Gipfel 2025, so Guptas Fazit, werde nicht nur die transatlantische Einheit bekräftigen, sondern sie auch operationalisieren. Das Zusammenspiel des Drucks der NATO mit den finanziellen Anreizen der EU schaffe ein strategisches Umfeld, in dem die Einhaltung von Vorschriften belohnt werde, eine unzureichende Leistung Konsequenzen habe und die Politik der Verteidigungsindustrie in den Mittelpunkt der europäischen Souveränität rücke.
WisdomTree/HK
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