27. November 2025

Mercosur: Heiß umstritten

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Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

Der Mercosur-Deal – also das Handelsabkommen zwischen der EU und den meisten südamerikanischen Staaten – biegt in die Zielgerade. In Zeiten von Protektionismus ist das begrüßenswert, aber es gibt auch Kritik.

Harald Oberhofer, Ökonom am Wifo, Fotocredit Alexander Mueller

Harald Oberhofer, Ökonom am WIFO, erklärt im Gespräch mit dem GELD-Magazin: „Im Vergleich mit ähnlichen Verträgen ist Mercosur wenig ambitioniert. So geht CETA, das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada,  zum Beispiel beim Zollabbau viel weiter. Der Mercosur-Vertrag sieht etwa bei sensiblen landwirtschaftlichen Produkten wie Rindfleisch Quotenregelungen vor. Hinzufügen möchte ich auch, dass in der EU ein ,Topf` für Landwirtschaft eventuelle Schäden im Agrarbereich abfedern soll. Außerdem gibt es Schutzklauseln für beide Seiten: Wenn volkswirtschaftliche Schäden in Sicht sind, können Liberalisierungsschritte rückgängig gemacht und Zölle wieder hinaufgesetzt werden. Ungewöhnlich ist dabei, dass diese Schäden nur absehbar und nicht bewiesen sein müssen – wie bei anderen vergleichbaren Verträgen üblich.“

Für und Wider

Alles in allem ist das Abkommen also sehr vorsichtig formuliert, um Befürchtungen zu beruhigen und den Pakt politisch durchsetzbar zu machen. Oberhofer: „Falls das nicht gelingt, wird die EU für andere Handelspartner unattraktiv. Ein Scheitern würde unsere Rolle international schwächen, Vertrauen  verloren gehen.“ Auch ökonomisch hält der Experte das Abkommen für sinnvoll. E s gibt aber auch fundamentale Kritik. Greenpeace bezeichnet den geplanten Mercosur-Deal gar als „Giftabkommen“. So heißt es: „Der veraltete Pakt soll den Handel mit umwelt- und klimaschädlichen Produkten erleichtern. In den Mercosur-Staaten sind das vor allem Rindfleisch und Futtersoja. Um deren Produktion zu steigern, werden Weide- und Anbauflächen benötigt, was Natur wie den bereits bedrohten Amazonas-Regenwald weiter gefährdet. Aus der EU sollen neben Autos insbesondere Einwegplastik, aber auch Pestizide günstiger exportiert werden – eine Gefahr für das Klima und die menschliche Gesundheit.“  Greenpeace fordert eine grundlegende Neuverhandlung des Vertrags „im Sinne von Klima und Natur.“

Der richtige Weg?

Aber wie sieht das Abkommen unter entwicklungspolitischen Aspekten aus? Bernhard Tröster, Ökonom an der ÖFSE (Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung) erklärt: „Die ÖFSE vertritt keine übergeordnete Meinung, ob das Mercosur-Abkommen abgeschlossen werden soll oder nicht. Aber wir zeigen gewisse Aspekte auf, Chancen und Risiken, die abgewogen werden sollten. So sehen wir etwa die große Hoffnung der Industrie, dass durch das Abkommen die Exporte der EU massiv gesteigert werden, nicht. Dafür ist die Ausgangsbasis nicht breit genug. Denn nur zwei bis drei Prozent aller Exporte der EU gehen in die Mercosur-Region. Auch ist Mercosur ebenfalls nur mit zwei bis drei Prozent für die gesamte Wirtschaftsleistung außerhalb der EU verantwortlich. Wenn es positive Aspekte für die europäische Industrie geben sollte, dann nur langfristig, unmittelbar sind keine großen Impulse zu erwarten.“

Was der Experte aus entwicklungspolitischer Sicht an dem geplanten Abkommen kritisiert: „In den lateinamerikanischen Staaten ist die Agrarwirtschaft stark, in der EU die Industrie ¬- dieses Verhältnis würde sich noch zusätzlich verstärken. Somit würden negative Muster zementiert werden, denn die Industrie sorgt ja eher für mehr Wachstum und Dynamik als die Landwirtschaft und Rohstoffabbau. Wichtig wäre es, die industrielle Entwicklung gemeinsam mit den Mercosur-Ländern voranzutreiben, dafür braucht es viel mehr und engere Kooperation sowie gegenseitiges Verständnis. Die Annahme, dass Handelsliberalisierungen allein zu Wohlstandsgewinnen führen, ist zu wenig.“

Lesen Sie die ganze Story in der GELD-Magazin Ausgabe Nr. 5/2025.

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Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

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