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23. Oktober 2020

Keine Angst vor ZOMBIES

Harald Kolerus 2-e1666618640728
Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

Warum hohe Defizite in Zeiten der Pandemie gerechtfertigt sind, und warum die Diskussion über „untote“ Unternehmen fehlgeleitet ist, erklärt der renommierte Ökonom Ewald Nowotny.

Er hat sich als Wirtschaftswissenschafter, Gouverneur der Österreichischen Nationalbank und Krisenmanager bei der BAWAG einen guten Namen gemacht: Ewald Nowotny. Heute ist er Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik. Der bisherigen Bekämpfung der Corona-Wirtschaftskrise in der Alpenrepublik stellt der Ökonom ein gutes Zeugnis aus; den Brexit bedauert er natürlich, alles in allem stehe die EU aber stärker da als in der Vergangenheit.

„Das Bankensystem steht nach der Finanzkrise heute deutlich solider da“, so Prof. Dr. Ewald Nowotny

Die EU scheint zu bröckeln: Brexit und Uneinigkeit, nicht nur in der Flüchtlingsfrage, dominieren das Bild.

Ewald Nowotny: Für die Union ist der Brexit natürlich ein deutlicher Verlust, immerhin verlieren wir hier die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU. Andererseits haben die Probleme des Brexit gezeigt, wie schwierig und kostspielig ein Ausscheiden ist. Ich meine deshalb, dass der Zusammenhalt der übrigen EU durch den Austritt Großbritanniens gefördert wurde. Allerdings selbstverständlich zu einem sehr hohen Preis.

Wie verändert Corona die EU politisch?

Ewald Nowotny: Die Pandemie hat gezeigt, wie bedeutend der europäische Binnenmarkt und die Sicherheit der Vorleistungen und Absatzwege ist. Wichtig war im Sommer die Verabschiedung des EU-Budgets für die nächsten sieben Jahre mit einem Volumen von 1100 Milliarden Euro. Tatsächlich ist die Union heute politisch und wirtschaftlich stärker aufgestellt als noch vor ein paar Jahren.

Historisch sehen wir eine deutlich positive Entwicklung: Die EU wurde ja als Gemeinschaft für Kohle und Stahl von sechs Staaten gegründet, seither wurde sie massiv ausgeweitet. Damit folgt man nicht zuletzt dem Plan der Gründerväter, zunächst wirtschaftliche Schritte zu setzen, um sich dann auch politisch näherzukommen. Dass jetzt zum ersten Mal auch eine gemeinsame Schuldenaufnahme beschlossen wurde, ist so ein Schritt in die richtige Richtung.

Bleiben wir bei Covid-19: Die wirtschaftlichen Folgen sind schwer absehbar, wie sehen Sie die Konsequenzen?

Ewald Nowotny: Unter einem globalen Blickwinkel gesehen, wird China am Ende des Tages am besten aus der Krise herauskommen. Die USA werden, fast unabhängig vom Wahlausgang, eine stärker nach innen ausgerichtete Politik verfolgen. Diese Umstände und Corona machen es für Europa noch wichtiger, gemeinsam aufzutreten. Was jetzt auch im wirtschaftlichen Bereich zu erwarten ist. In der EU herrscht bekanntlich zwischen dem Norden und Süden ein großer ökonomischer Unterschied, hier ist es wichtig, eine gemeinsame Dynamik zu erreichen, wobei die bereits erwähnte gemeinsame Schuldenaufnahme ins Spiel kommt. Alles in allem traue ich mir zu sagen, dass wir ab 2021/ 2022 wieder eine Phase des Wirtschaftswachstums sehen werden.

Wie sind Sie mit den bisherigen Krisen-Maßnahmen zufrieden?

Ewald Nowotny: Die EU hat richtig reagiert: Die Union und die einzelnen Staaten, auch Österreich, waren bereit, massive finanzielle Anstrengungen zu leisten. So ist auch der mit 750 Milliarden Euro ausgestattete „Europäische Konjunkturfonds“ (Next Generation European Recovery Fund, Anm.) positiv zu sehen. Es geht meiner Meinung nach alles in die richtige Richtung.

Aber würden zu großzügige Unterstützungen einige nicht lebensfähige Unternehmen künstlich über Wasser halten?

Ewald Nowotny: Ich halte diese grassierende Diskussion über sogenannte „Zombie-Firmen“ für fehlgeleitet und nicht relevant. Es ist jetzt wichtig, das „Medikament“ wirken zu lassen und nicht zu früh abzusetzen, um diesen Vergleich aus der Medizin zu bemühen. Denn es ist nun entscheidend, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um wirtschaftliche Einbrüche zu verhindern. Zu nennen ist auch das Pandemic Emergency Purchase Programme, also das Wertpapierankaufprogramm des Eurosystems, um den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie entgegenzuwirken.

Das ausführliche Interview finden Sie in der GELD-Magazin Oktober/2020 Ausgabe:
https://www.geld-magazin.at/flipBooks/gm2010/8/index.html

Harald Kolerus 2-e1666618640728
Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

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