Green Energy: Billionen über Billionen
Die Erderwärmung bis 2050 auf unter 1,5°C zu halten, ist zwar noch möglich. Dafür sind aber Investitionen in Green Energy von 4,5 Billionen Dollar nötig. Swisscanto-Nachhaltigkeitsexperte Gerhard Wagner analysiert die Situation.
Zwei Wegmarken sind demnach zu erreichen. Erstens eine Senkung der weltweiten energiebedingten Treibhausgasemissionen bis 2030 auf 23 Gigatonnen von rund 37 Gigatonnen (Erhebung 2021). Zweitens „Netto null“ bis 2050. Das heißt, nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als natürliche und technische CO2-Senken speichern können.
Billionenschwerer Markt
Um an diesen Wegmarken anzukommen, sind laut der Internationalen Energieagentur (IEA) Investitionen in saubere Umwelttechnologien oder Green Energy notwendig, die von USD 1,75 Billionen im Jahr 2023 auf USD 4,5 Billionen bis 2030 ansteigen. Die Investitionen müssten demnach um jährlich 15 Prozent wachsen. „Dieser Fahrplan erlaubt eine Halbierung der Investitionen in fossile Energieträger, ohne dabei die Energieversorgungssicherheit zu gefährden. Die IEA nennt dieses Szenario NZE – Net Zero Emissions. Nur dieses NZE-Szenario führt zu Netto-Null-Emissionen im Jahr 2050 und ist mit dem 1,5°C Klimaziel kompatibel“, so Wagner.
Verschiedene Szenarien
Die IEA hat noch zwei weitere weniger ambitiöse Szenarien erstellt: Im Announced Pledges Scenario (APS) wird angenommen, dass all jene Staaten, die Netto-Null-Ziele bei Treibhausgas-Emissionen angekündigt haben, diese auch seriös umsetzen und in diesem Jahrzehnt konsequent damit beginnen. Unter diesen Prämissen sind Investitionen in saubere Umwelttechnologien bis 2030 von USD 3,2 Billionen gefordert. Das entspricht einem jährlichen Wachstum von rund neun Prozent. Die Umsetzung des APS-Szenarios würden die globalen Treibhausgasemissionen bis 2050 um rund 70 Prozent auf 12 Gigatonnen reduzieren. Der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur im Jahr 2100 würde auf etwa 1,7°C ansteigen.
Das Stated Policies Scenario (Steps) geht davon aus, dass die jetzigen weltweit beschlossenen Klimaschutzrichtlinien beibehalten werden. Die Investitionen in saubere Umwelttechnologien würden dann auf USD 2,15 Billionen veranschlagt, was einem jährlichen Wachstum von drei Prozent und damit zirka dem globalen Wirtschaftswachstum gleichkäme. Im STEPS-Szenario würden die weltweiten Treibhausgasemissionen bis 2050 lediglich um 13 Prozent schwinden. Dies hätte eine Erhöhung der globalen Durchschnittstemperaturen um rund 2,5°C bis 2100 zur Folge.
Green Energy auf Wachstumspfad
Die Investitionen in saubere Umwelttechnologien (Windenergie, Solarenergie, Wärmepumpen, Elektrische Mobilität, etc.) wachsen bis 2030 unabhängig von den beschriebenen drei Szenarien. Wenn das 1,5°C Klimaschutzziel konsequent verfolgt wird (NZE-Szenario), dann führt das sogar zu einem Wachstum von über 15 Prozent bis im Jahr 2030 über sämtliche sauberen Umwelttechnologien hinweg gemittelt oder zu zusätzlichen Investitionen von USD 2,7 Billionen. Selbst das STEPS Szenario führt zu einem Wachstum, allerdings im Vergleich zur Weltwirtschaft zu keinem überdurchschnittlichen.
Wagner: „Die Bereitstellung und Weiterentwicklung von Green Energy ist ein Megatrend. Angeschoben wird dieser auch, weil die Stromgestehungskosten etwa auf Basis von Wind und Sonne heute oft kostengünstiger gegenüber der traditionellen Stromerzeugung aus Kohle, Gas oder Atomkraft sind. Diese Kostenvorteile gegenüber fossil generierter Elektrizität dürften weiter zunehmen, da die erneuerbaren Energien immer günstiger werden und CO2 in vielen Staaten bepreist wird.“
Stock-Picking nötig
„Anlegerinnen und Anleger müssen sich folgende Frage stellen: Wie stark drückt die Weltgemeinschaft beim Klimaschutz in den kommenden Jahren aufs Tempo? Je nach eintretendem Szenario ändert sich das Wachstumspotenzial für die verschiedenen Umwelttechnologien. Zudem sollten Investmententscheide unter Konsultation fundierter firmenspezifischer Fundamentalanalysen getroffen werden. Denn nicht jedes im Umwelttechnologiebereich tätiges Unternehmen beschreitet einen profitablen Wachstumsweg. Entscheidend ist, ob die Kapitalrenditen mittelfristig höher sind als die Kapitalkosten“, so Wagner.
Swisscanto/HK