1. Oktober 2025

„Fragmentierung“: Risiken und Chancen

Bewaffnete Konflikte, Fehlinformationen und wirtschaftliche Konfrontationen sind Ausdruck einer zunehmend fragmentierten Welt. „Für Anleger birgt die Fragmentierung Risiken, eröffnet aber auch neue Chancen“, meint Mobeen Tahir, Direktor im Bereich Makro- und thematisches Research bei WisdomTree.

Laut Tahir wird die Umkehr der jahrzehntelangen Unterinvestitionen in die Verteidigung und der Abhängigkeit von den USA Zeit brauchen. Die Stärkung der Verteidigung und das Streben nach größerer Autonomie seien jedoch nicht mehr optional. „Die europäischen Länder reagieren mit einer Aufstockung der Verteidigungsausgaben, größerer politischer Abstimmung und der Entwicklung eigener Verteidigungstechnologien“, bilanziert der Experte. Er gibt weitere Beispiele für Chancen, die sich aus einem risikoreichen Umfeld ergeben können.

Kernenergie und Cybersicherheit

Mobeen Tahir, Direktor im Bereich Makro- und thematisches Research bei WisdomTree

„Die Fragmentierung der Märkte für fossile Brennstoffe in einer Welt mit rapide steigendem Energiebedarf hat der Kernenergie neuen Auftrieb gegeben“, meint Tahir. Meta und Microsoft haben beide langfristige Verträge zur Unterstützung von Kernkraftwerken für ihre Rechenzentren abgeschlossen, während Frankreich und die USA umfangreiche Kapazitätserweiterungen planen. Tech-Riesen bemühen sich demnach laut dem Experten um die Sicherung von Kernenergie für ihre Rechenzentren.

Laut Tahir wird Cybersicherheit zunehmend als geopolitisches Risiko anerkannt – nicht nur als technisches. Der Angriff auf die SharePoint-Server von Microsoft im Juli, von dem auch die US-Atomwaffenbehörde betroffen war, habe gezeigt, wie geopolitische Konflikte auf den digitalen Bereich übergreifen. Zudem hat die NATO-Cybersicherheit nun in ihre erweiterten Ziele für Verteidigungsausgaben aufgenommen, und Unternehmen seien zunehmend auf der Hut vor Bedrohungen durch staatlich geförderte Gruppen. „Durch die Fragmentierung werden Cyberrisiken zu einem systemischen Problem, und die Investitionen in diesem Bereich dürften zunehmen“, prognostiziert Tahir.

Begehrt: Seltene Erden

Seltene Erden seien das Herzstück von Technologien in den Bereichen Militär, saubere Energie und Digitaltechnik. China kontrolliere fast 70 % des Bergbaus und nahezu 90 % der Verarbeitung, womit diese Segmente eine strategische Schwachstelle für Rivalen darstellen können. Infolgedessen würden sich US-Unternehmen bereits von chinesischen Lieferanten abwenden und Länder investieren massiv in den Aufbau alternativer Lieferketten. „Es handelt sich hierbei nicht nur um Diversifikation, sondern um eine strategische Neuausrichtung. In den kommenden Jahren werden wahrscheinlich neue Lieferketten außerhalb des Einflussbereichs Chinas entstehen“, meint Tahir.

Potenzial: Blockchain

Weiters stellt die Militarisierung des Finanzsystems, von der Abkopplung Russlands von SWIFT bis hin zu vermehrten BRICS-Alternativen, die Dominanz des US-Dollar infrage. Als Reaktion darauf haben die USA Maßnahmen zur Regulierung und Legitimierung von Stablecoins ergriffen und sie zu einem potenziellen Instrument finanzieller Einflussnahme gemacht. Stablecoins, die durch Staatsanleihen und bargeldähnliche Vermögenswerte gedeckt sind, können die Nachfrage nach dem US-Dollar stärken und gleichzeitig dessen Reichweite auf digitale Märkte ausweiten. Parallel dazu nehme auch die Tokenisierung zu. „In einer fragmentierten Welt wird die Nutzung der Blockchain-Technologie nicht nur zu einer wirtschaftlichen, sondern auch zu einer geopolitischen Entscheidung“, meint Tahir.

Fazit: 2025 ist die öffentliche Debatte von Konflikten, Polarisierung und Fragmentierung geprägt. Diese Fragmentierung erzeugt jedoch auch attraktive Anlagethemen: Europa rüstet wieder auf, die Atomkraft gewinnt an Fahrt, Cybersecurity wird sicherheitspolitisch relevant, Lieferketten für kritische Mineralien verschieben sich und die Blockchain-Technologie hält Einzug in den Mainstream des Finanzsystems.

WisdomTree/HK

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