9. März 2022

Extreme Energiepreise: Abkühlung erst 2023

Die Energiepreise haben im Zuge des Ukraine-Kriegs ein Rekordniveau erreicht. Aber bereits seit dem vierten Quartal 2021 sind auch Österreichs Haushalte mit stark steigenden Energiekosten belastet. Eine Abkühlung ist erst 2023 in Sicht, so die UniCredit Bank Austria.

Im Dezember 2021 kostete eine Megawattstunde Grundlaststrom an der Leipziger Energiebörse durchschnittlich 232 Euro und damit um 330 Prozent mehr als im Jänner 2021. Die Preise am europäischen Strommarkt sind ein Abbild der Kosten der Kraftwerke, die für die Erzeugung des zusätzlichen Strombedarfs eingesetzt werden. Das waren im Vorjahr vermehrt Gaskraftwerke.

Gas und Strom auf Rekordniveau

 Günter Wolf, UniCredit Bank Austria Ökonom
Günter Wolf, UniCredit Bank Austria Ökonom

Insofern beeinflusst der Großhandelspreis für Gas unmittelbar die Strompreise. Im Laufe des Jahres 2021 haben sich die Gaspreise aufgrund der starken Nachfrage und des fehlenden Angebots an Erdgas sogar mehr als verfünffacht. Auch wenn nur ein Teil der höheren Einkaufspreise der Energieversorger bei den Endkunden ankommt, steigen die Energiekosten sowohl der Haushalte als auch der gewerblichen Energieverbraucher seit Ende 2021 spürbar.

„Die Energiepreisentwicklung und zunehmend unsichere Versorgung der europäischen Energiemärkte verdeutlichen, dass eine rasche Umsetzung der Maßnahmen zur Energiewende unabdingbar ist“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Günter Wolf.

Großhandelspreise schlagen durch

Der hohe Anstieg der Strompreise 2021, wie er im Großhandel schon seit Sommer zu beobachten ist, ist etwas verzögert im vierten Quartal bei den Verbrauchern angekommen: Im Jahresdurchschnitt 2021 kostete Haushaltsstrom in Österreich um 7 Prozent und im Jänner 2022 noch um 6,2 Prozent mehr als im Jahr davor. Die verzögerte Anpassung erklärt sich unter anderem mit der hohen Zahl an Verträgen mit Preisgarantien und damit, dass die Strom- und Gaspreise erst nach Ankündigung erhöht werden können (was großteils Ende 2021 passierte).

Energie bleibt teuer

Die aktuellen Notierungen für Gas- und Stromfutures signalisieren erst im Lauf von 2023 eine Entspannung der Großhandelspreise. „Mit Ausbruch der Ukrainekrise sind die Großhandelspreise für Gas wieder gestiegen und werden sich im Lauf von 2022 voraussichtlich auf einem Rekordniveau von durchschnittlich 170 Euro pro Megawattstunde bewegen. Der Strompreis erreichte zuletzt schon über 400 Euro pro Megawattstunde und wird in der ersten Jahreshälfte noch zulegen. Derzeit rechnen die Marktteilnehmer erst ab dem zweiten Quartal 2023 mit einem stärkeren Preisrückgang bei Gas auf durchschnittlich 70 Euro pro Megawattstunde und bei Strom auf 140 Euro pro Megawattstunde“, sagt Wolf.

Von Gas abhängig

Das Energiejahr 2021 zeigte deutlich die Abhängigkeit der Energieversorgung in Österreich vom Gasangebot. Aufgrund des trockenen und windarmen Sommers 2021 wurde weniger Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt und der Strombedarf musste europaweit vermehrt durch Gaskraftwerke mit deutlich höheren Produktionskosten ergänzt werden. Der höheren Gasnachfrage, die zudem von der raschen Konjunkturerholung angetrieben wurde, stand kein entsprechendes Gasangebot gegenüber und dies löste einen Rekordanstieg der Gaspreise aus.

In Österreich ist die Stromproduktion der Wasserkraftwerke 2021 um 5,5 Prozent und der Windkraftwerke um 1 Prozent gesunken, während der Erdgasverbrauch in Wärmekraftwerken um 7,3 Prozent gestiegen ist. Insgesamt werden in Österreich etwa 25 Prozent des Energieverbrauchs mit Erdgas und 17 Prozent mit elektrischem Strom gedeckt. Der Erdgasanteil am Energiemix hat sich seit mehr als zwei Jahrzehnten kaum verändert.

Dekarbonisierung beeinflusst Markt

Mit den entsprechenden Energieeffizienzmaßnahmen und dem forcierten Ausbau erneuerbarer Energieträger in Österreich könnten laut Umweltbundesamt die Nettoimporte von Erdöl bis 2030 um bis zu 70 Prozent und von Erdgas um mehr als die Hälfte reduziert werden. Auf Basis der Preise Anfang März könnten damit bis zum Jahr 2030 beim Import von Erdöl insgesamt 5,4 Milliarden Euro und von Erdgas 6 Milliarden Euro eingespart werden.

Angesichts der hohen Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen in Europa ist die rasche Umsetzung der Maßnahmen fast unabdingbar. Für die Gasversorgung in Österreich gilt dies aufgrund der höheren Abhängigkeit von russischem Gas, mit einem Importanteil von rund 80 Prozent im Vergleich zu 45 Prozent in der EU, noch mehr. Schließlich ist der vollständige Ersatz von russischem Erdgas in Europa sehr teuer und technisch nur sehr schwierig bzw. kaum umzusetzen.

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Energiearmut droht

Das geplante Abschalten der Kohlekraftwerke in Europa wird vorübergehend zu einer Verknappung der Kraftwerkskapazitäten und höheren Energiepreisen führen. Zudem werden die CO2-Zertifikate teurer, deren Preis schon 2021 um 140 Prozent zugelegt hat, angetrieben vom Wirtschaftswachstum und den Erwartungen zu den Klimaschutzzielen 2030.

Die steigenden Energiepreise am Weg zur Klimaneutralität der EU werden die Wettbewerbsposition einiger Branchen wahrscheinlich verschlechtern und die Energiearmut vieler Haushalte erhöhen. Dies sind zwei Aspekte, welche im Hinblick auf den Klimaschutz politische Unterstützung erfordern. Dennoch braucht die Energiewende eine Verteuerung der Emissionszertifikate und der fossilen Energieträger, damit sich Investitionen in emissionsmindernde Technologien rechnen.

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UniCredit Bank Austria/HK

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