„Der Euroraum entging Anfang des Jahres nur knapp einer technischen Rezession. Wir erwarten, dass die straffe Geldpolitik der EZB im zweiten Halbjahr 2023 vermutlich zu einer Rezession in diesem Zeitraum führen wird“, so Shaan Raithatha, Ökonom bei Vanguard Europe.

„Die Unternehmen im Euroraum sind stark von Bankkrediten abhängig. So sind 70 Prozent der Unternehmensverschuldung bankenbasiert und mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit variabel verzinst. Zum Vergleich: In den USA entfallen gerade einmal 27 Prozent der Unternehmensschulden auf Bankkredite. Zudem sind diese meist festverzinslich.“ 

Schwächeres Umfeld

Der Experte analysiert weiter mit Blick auf die Rezessionsgefahr: „Die Handelsoffenheit – also die Summe von Exporten und Importen im Verhältnis zum BIP – des Euroraums ist in etwa doppelt so hoch wie die der USA. Dies macht den Euroraum anfälliger für das schwächere globale Wachstumsumfeld. Wir erwarten eine deutliche Disinflation im zweiten Halbjahr 2023. Der Kern-Verbraucherpreisindex sollte zum Jahreswechsel bei rund 3,3 Prozent liegen. Einige Indikatoren deuten außerdem auf eine Abschwächung des Lohnwachstums hin.

Mit dem Zinssatz von vier Prozent ist das Allzeithoch und voraussichtlich auch das Endniveau für diesen Zinszyklus erreicht. Wir gehen davon aus, dass Zinssenkungen frühestens im zweiten Halbjahr 2024 vorgenommen werden und erwarten eine leicht kontraktive Geldpolitik im kommenden Jahr.” 

Rezessionsgefahr in UK

In UK sieht die Situation nicht besser aus, der Experte: „Hochfrequenzdaten deuten auf ein erhöhtes Risiko für den Beginn einer Rezession im dritten Quartal hin. Der Arbeitsmarkt zeigt Anzeichen von Schwäche. Sowohl die Zahl der Beschäftigten als auch die Anzahl der offenen Stellen ist rückläufig. Die Arbeitslosenquote beträgt derzeit 4,3 Prozent, was 0,8 Prozent über dem Tiefststand des Vorjahres liegt. Wir rechnen nicht damit, dass das Vereinigte Königreich eine schmerzlose Disinflation erleben wird. Gemäß unserem Basisszenario erwarten wir, dass das Vereinigte Königreich im zweiten Halbjahr 2023 in eine Rezession abgleiten wird.” 

Vanguard/HK