26. Mai 2025

EU und USA: Das große Feilschen

Nach mehreren Wochen des Stillstands dürfte in die Handelsgespräche zwischen den USA und der EU ein wenig Bewegung kommen. Der Ausgang der Verhandlungen ist aber weiterhin ungewiss, so Karl Freidl und Alexander Eberan, Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking.

Mag. Alexander Eberan, Leiter Private Banking Wien, Steiermärkische Sparkasse, c-Carolina-Frank
Mag. Alexander Eberan, Leiter Private Banking Wien, Steiermärkische Sparkasse / ©Steiermärkische Sparkasse

„Die EU pocht auf Verhandlungen auf Augenhöhe. Der Slowake Maroš Šefčovič, der als EU-Handelskommissar für die Verhandlungen an vorderster Front zuständig ist, reiste bereits dreimal zu Treffen in die USA und zuletzt wurden auch Handelsdokumente ausgetauscht. Laut Šefčovič sei die EU zu einer Verringerung des Handelsdefizits bereit, indem die Union den USA mehr Flüssiggas, Waffen und landwirtschaftliche Produkte, insbesondere Soja, abkaufe. Einzelne Staaten setzen auch gezieltes Lobbying ein, um ihre eigenen Produkte gegen US-Vergeltungsmaßnahmen zu schützen. Ein Beispiel sind Frankreich, Italien und Spanien, die sich dafür stark machen, dass Bourbon Whiskey nicht mit hohen EU-Zöllen belegt wird, um die US-Exporte ihrer Weine und Spirituosen zu gewährleisten.“

Handelsvolumen: 1,6 Billionen Euro

Karl Freidl, Leiter Private Banking Graz, Steiermärkische Sparkasse / ©Steiermärkische Sparkasse

„Ob allerdings Trump im Handelsstreit mit der EU eine scharfe Kehrtwendung einlegt, darf bezweifelt werden. Die EU sei „gemeiner als China“, erklärte Trump vor einigen Wochen – und stellte damit die jahrzehntelangen transatlantischen Handelsbeziehungen in Frage, die ökonomisch ein Volumen von 1,6 Billionen Euro (2023) haben. Für den US-Präsidenten ist die EU sozusagen ein Subventionsklub mit Handelsüberschüssen, der sich auf dem US-Sicherheitsschirm und -Exportmodell ausruht. Trump scheint entschlossen, alte Rechnungen zu begleichen – nicht zuletzt wegen der unzureichenden Verteidigungsanstrengungen der Europäer. Der Fokus der USA verlagert sich schrittweise zunehmend auf den Nahen Osten, China und den Indo-Pazifik.“

Risiko für EU

„Das Risiko ist für die EU real, erneut zur Zielscheibe von Trump zu werden – nicht zuletzt, weil sie als wirtschaftlich erfolgreich, aber sicherheitspolitisch abhängig wahrgenommen wird. Sollte es zu keiner Einigung kommen, wäre es durchaus möglich, dass neue Zölle hinzukommen, beziehungsweise die bereits bestehenden deutlich erhöht werden. Im Fokus dürften neben den Automobilkonzernen auch Agrarprodukte, Maschinen oder Konsumgüter wie Wein oder Luxusartikel sein. Daneben könnte Trump aber auch nichttarifäre Handelshemmnisse einsetzen. Dazu zählen etwa verschärfte Zulassungsverfahren, administrative Verzögerungen bei der Zollabfertigung oder neue regulatorische Standards, etwa im Bereich Produktsicherheit oder andere Auflagen. Solche Maßnahmen könnten Exporteure empfindlich treffen, ohne formell gegen bestehende Handelsabkommen zu verstoßen.“

Breites Instrumentarium

„Ein weiteres Instrumentarium bieten US-Gesetze wie Section 232 des „Trade Expansion Act“, das Zölle mit der Begründung nationaler Sicherheit erlaubt, etwa auf Stahl oder Aluminium.  Section 301 des „Trade Act of 1974“ wiederum eröffnet den Weg für Strafmaßnahmen bei vermeintlich unfairen Handelspraktiken. Trump hat beide Paragrafen bereits offensiv gegenüber China und der EU genutzt. Auch die Drohung mit dem Ausstieg aus multilateralen Abkommen und die gezielte Bevorzugung bilateraler Deals mit einzelnen EU-Staaten könnten als Hebel dienen, um Brüssel unter Zugzwang zu setzen. Dabei würde weniger die ökonomische Logik im Vordergrund stehen als vielmehr die politische Wirkung.“

Die protektionistische Wende unter Trump – ob mit Strafzöllen, MAGA-Rhetorik oder militärischem Rückzug – dürfte keine vorübergehende Phase, sondern eine beinharte Strategie sein. Und mit Blick auf die US-Kongresswahlen im Herbst 2026 dürfte sich daran wenig ändern. Europa muss für den Fall der Fälle gewappnet sein.“

Steiermärkische Sparkasse/HK

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