Eskalation: Iran unter US-Beschuss
Die US-Luftangriffe auf iranische Nuklearanlagen stellen eine erhebliche Eskalation der Spannungen im Nahen Osten dar. Der Iran hat bereits mit Raketenangriffen auf Israel reagiert. Die Verschärfung bringt neue geopolitische Risiken mit sich, so Gregor Ma Hirt, CIO Multi Asset bei Allianz GI.
„Die unmittelbarsten Auswirkungen betreffen die Energiemärkte. Der Preis für Brent-Rohöl, der seit Anfang Juni bereits um 18 % gestiegen ist, dürfte weiter in die Höhe schnellen. Das Ausmaß dieser Entwicklung wird stark von der Reaktion des Iran – insbesondere von etwaigen Störungen im Golf von Hormus – und dem Umfang weiterer militärischer Maßnahmen der USA abhängen. Für die Weltwirtschaft und die Inflation wird es entscheidend sein, ob der Ölpreisanstieg nur vorübergehend oder von längerer Dauer ist. Kurzfristig rechnen wir mit einem Anstieg der Ölpreise auf 80 bis 100 US-Dollar pro Barrel. Allerdings sind einige geopolitische Risiken bereits eingepreist, insbesondere am kurzen Ende der Kurve.“ Weitere mögliche Auswirkungen auf die Finanzmärkte:
Initialschub für defensive Sektoren
• Aktien: Die US- und globalen Aktienmärkte dürften schwächer eröffnen, da die Anleger ihre Risikoeinschätzung überdenken. Defensive Sektoren könnten sich überdurchschnittlich entwickeln, während zyklische Werte unter Druck geraten dürften. Historisch gesehen tendieren die Märkte jedoch dazu, sich nach einem ersten Schock wieder zu erholen – vorausgesetzt, der Konflikt weitet sich nicht aus. Eine rasche Deeskalation könnte sogar eine Erholungsrally auslösen, wie nach dem Einmarsch der USA im Irak 2003. Die Stimmung der US-Privatanleger, die maßgeblich zur überraschend starken Markterholung nach dem „Liberation Day“ beigetragen hat, wird ein wichtiger Faktor sein, den es zu beobachten gilt.
• US-Staatsanleihen: Es dürfte zu einer klassischen Flucht in sichere Anlagen kommen, wobei die Renditen langlaufender US-Staatsanleihen wahrscheinlich sinken werden. Es bleibt abzuwarten, ob US-Staatsanleihen ihren traditionellen Status als sicherer Hafen zurückgewinnen oder gegenüber Alternativen wie deutschen Bundesanleihen weiterhin relativ schwach bleiben werden.
• US-Dollar: Der Dollar könnte aufgrund seiner Attraktivität als sicherer Hafen zunächst an Stärke gewinnen. Ein langwieriger Konflikt und Inflationsdruck könnten jedoch die geldpolitische Haltung der Fed erschweren. Mittelfristig könnten strukturelle Probleme – wie die Doppeldefizite der USA und die schwächere Glaubwürdigkeit als sicherer Hafen – den Greenback belasten.
• Andere sichere Häfen: Gold und der Schweizer Franken dürften profitieren. Insbesondere Gold könnte seinen Aufwärtstrend fortsetzen, da die geopolitische Unsicherheit die Nachfrage nach dem gelben Metall ankurbelt. Die Zentralbanken, die bereits ihre Goldreserven aufstocken, könnten diesen Trend beschleunigen und damit die Rolle von Gold als strategische Reservewährung stärken, die in den Beständen der Zentralbanken nach dem US-Dollar an zweiter Stelle steht.
Iran im Blickpunkt
„Die Märkte treten in eine Phase erhöhter Volatilität ein. Viel hängt von den nächsten Schritten des Iran – insbesondere von möglichen Angriffen auf die Straße von Hormus – und der allgemeinen diplomatischen Reaktion ab. Wir rechnen zwar mit verbalen Verurteilungen durch regionale und globale Mächte, gehen jedoch nicht von einer direkten militärischen Beteiligung der Nachbarländer oder Großmächte wie China oder Russland aus.
Anleger sollten sich auf kurzfristige Turbulenzen einstellen, wobei Energiepreise und Inflationserwartungen im Vordergrund stehen. Gleichzeitig können Überreaktionen Chancen eröffnen, um Positionen aufzubauen. Wie in früheren Krisen könnte die Volatilität erneut attraktive Einstiegsmöglichkeiten bieten. Die Zentralbanken, insbesondere die Fed, müssen möglicherweise ihren jeweiligen geldpolitischen Kurs überdenken, wenn sich die Inflation beschleunigt und das Wachstum nachlässt. In den kommenden Tagen werden Klarheit über das Ausmaß der Schäden an der iranischen Nuklearinfrastruktur, das Ausmaß der iranischen Vergeltungsmaßnahmen und die Reaktion der internationalen Gemeinschaft entscheidend für die Marktstimmung sein.“
AllianzGI/HK
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