Der Weg der Zentralbanken
Zwischen Handelskrieg und Konjunkturpaketen rücken die Zentralbanken weniger in den Fokus der Märkte. Ihre Rolle bleibt jedoch weiterhin von entscheidender Bedeutung. Die EZB hat im vergangenen Jahr den Einlagesatz sieben Mal gesenkt, insgesamt um 175 Basispunkte.
Dazu steht im Investmentausblick von Eurizon: „Diese Senkungen erfolgten infolge des Inflationsrückgangs, der eine Aufhebung der geldpolitischen Straffung erforderlich machte, um die Wirtschaft nicht übermäßig zu belasten. Da die Zinsen nun nahezu neutral sind (rund 2 %), tritt die Geldpolitik in die letzte Phase der Lockerung ein.“
EZB: Moderate Position
„Ohne die Handelsspannungen hätte die Europäische Zentralbank bei ihrer Sitzung im April wahrscheinlich eine Pause eingelegt; stattdessen hat sie die Zinsen erneut gesenkt. Nach dem 5. Juni dürfte der Zyklus der Zinssenkungen tatsächlich abgeschlossen sein, sofern es nicht zu (unwahrscheinlichen) negativen Überraschungen bei den Zollverhandlungen kommt. Für die zweite Jahreshälfte preisen die Geldmarkt-Futures eine weitere und letzte Senkung im Herbst ein. Damit würde der Einlagesatz der EZB bei 1,75 % liegen, unterhalb der Inflationsrate und somit in einer moderat expansiven Position. Ausgangspunkt im Juni 2024 war ein Zinssatz von 4 %.“
Fed: Druck verringert
„Für die Fed bestand das Ziel für die ersten Monate des Jahres 2025 darin, angesichts der durch den Handelskrieg ausgelösten Spannungen Ruhe zu bewahren. Dies ist ihr gelungen. In den Phasen höchster Spannung haben die Märkte bis zu vier Zinssenkungen der Fed eingepreist. Mit der Rückkehr des Handelskrieges auf den Verhandlungstisch hat sich der Druck auf die Zentralbank verringert.
Derzeit geht der Markt davon aus, dass die Fed die Zinsen wieder senken wird, jedoch erst nach Überprüfung der Auswirkungen der Spannungen im April auf Wachstum und Inflation. Im Einzelnen preisen die Geldmarkt-Futures eine langsame Senkung der Zinsen ab Herbst ein, um die Fed Funds bis Ende 2026 von 4,5 % auf 3,5 % zu senken. Dies entspricht den von der Fed kommunizierten Absichten (den sogenannten DOTs).“
Inflation und US-Wirtschaft
„Anzumerken ist jedoch, dass im Gegensatz zu den Erwartungen hinsichtlich der EZB der erwartete Tiefststand der Fed-Zinsen mit 3,5 % über der aktuellen und erwarteten Inflation liegt. Die Anleger gehen offenbar davon aus, dass die US-Wirtschaft weiterhin eine moderat restriktive geldpolitische Haltung benötigt – ein Signal, das entweder auf großen Optimismus in Bezug auf die Wachstumsdynamik oder auf die Sorge hindeutet, dass die expansive Fiskalpolitik den Rückgang der Inflation verzögern könnte. Es bleibt abzuwarten, welche dieser beiden Annahmen sich durchsetzen wird.“
Eurizon/HK