26. Juni 2025

China: Konsum öffnet Chancen

Hinter der diesjährigen Rally der Hongkonger Börse steht ganz klar ein Thema: Chinas neuer „Konsumismus“. Die Konsumgewohnheiten junger Chinesen und die zunehmende Anzahl chinesischer Unternehmen, die Einnahmen aus geistigem Eigentum erwirtschaften, sorgen weltweit für Aufmerksamkeit.

Raymond Ma, Chief Investment Officer, Mainland China and Hong Kong, bei Invesco
Raymond Ma, Chief Investment Officer, Mainland China and Hong Kong, bei Invesco

Die langfristigen ausländischen Investitionen an Chinas Aktienmarkt liegen zwar weiterhin auf einem mehrjährigen Tiefstand. Das Interesse an einer Allokation in chinesische Aktien hat aber erkennbar zugenommen, erklärt Raymond Ma, Chief Investment Officer, Mainland China and Hong Kong, bei Invesco.

Junger Trend

Ma plädiert für eine Neudefinition des Begriffs „neuer Konsumismus“ als einen Trend, der von einer jüngeren Generation vorangetrieben wird, die Produkte nicht mehr nur kauft, sondern ihre Emotionen auf sie projiziert. Wie der Invesco-Experte erklärt, haben das in der chinesischen Ein-Kind-Generation verbreitete Einsamkeitsgefühl und die Substitution persönlicher Beziehungen durch die technologische Kommunikation die emotionale Bindung an Konsumprodukte verstärkt. Dieser Trend habe chinesische Unternehmen mit IP-Produkten mit hohem emotionalem Wert und globalem Potenzial hervorgebracht.

„Die Ein-Kind-Generation gibt es nur in China – das Internet aber ist ein universelles Phänomen. Die Nutzung des Internets kann zu einem Paradoxon führen, bei dem Menschen verbunden zu sein scheinen, sich aber zunehmend isoliert fühlen und daher Ventile für ihre Emotionen suchen. Dieses weltweit verbreitete Gefühl der Einsamkeit stellt einen fruchtbaren Boden für die internationale Expansion chinesischer IP-Unternehmen dar“, erklärt Ma. „Statt vom neuen Konsumismus sollten wir lieber vom ‚Konsumismus der nächsten Generation‘ sprechen.’ Sein künftiges Wachstum hängt von der Fähigkeit der chinesischen Unternehmen ab, neues geistiges Eigentum mit emotionaler Bindung zu schaffen und in internationalen Märkten Fuß zu fassen.“

„Weiche“ Kennzahlen beachten

Der Invesco-Experte hält einige „New Consumer“-Aktien mit statischen und nachlaufenden 12-Monats-KGVs von fast 100 oder sogar darüber für hoch bewertet. Im Zuge der eingesetzten Konsolidierung in einigen Bereichen sei die Bewertung des „neuen Konsums“ zu einer großen Herausforderung geworden. Ma empfiehlt den Einsatz mehrerer Bewertungskennzahlen, darunter das PEG-Verhältnis als gängiges Bewertungsmaß für Wachstumsaktien sowie „weiche Kennzahlen“ wie emotionaler Wert, Nutzerbindung und Langlebigkeit des geistigen Eigentums. „Teuer ist nicht immer wirklich teuer und günstig ist nicht immer wirklich günstig“, betont er. Entscheidend sei ein analytischer Rahmen, um zu bewerten, ob ein Unternehmen echte emotionale Bedürfnisse erfüllt.

Goldene Ära 

Mit Blick auf die nächsten zehn Jahre sieht Ma chinesische IP-Unternehmen am Beginn einer „goldenen Ära“. Noch würden die hohen Bewertungen weitgehend vom heimischen Markt getragen – die emotionale Resonanz werde jedoch der Schlüssel zur internationalen Expansion sein. „Die von chinesischen IP-Produkten verkörperten Themen der Einsamkeit und des individuellen Ausdrucks sprechen Konsumenten weltweit an und bilden die kulturelle Grundlage für die Internationalisierung dieser Unternehmen“, so Ma.

Seiner Erwartung nach werden sich chinesische Konsumaktien auch im zweiten Halbjahr besser als der Gesamtmarkt entwickeln, wobei vor allem Wachstumsaktien die Performance antreiben dürften. Kategorien wie Designer-Toys und neue Trendgetränke würden vom veränderten Konsumverhalten der Generation Z und der Millennials sowie von der wachsenden Beliebtheit heimischer Marken profitieren. Die Profitabilitätsunterschiede zwischen den Unternehmen würden weiter zunehmen und die Bewertungen vor allem von der Profitabilität abhängen, da der reine Preiswettbewerb nicht länger tragfähig sei.

Invesco/HK

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