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19. Juli 2023

Analyse: Indien vor China

Derzeit liegen die Erwartungen für das BIP-Wachstum im Jahr 2023 für Indien bei 5,9 %, für die USA bei 1,1 %, für Europa im negativen Bereich und für China bei plus 5,2 %. Marcus Weyerer, Investment-Stratege bei Franklin Templeton, stellt Indien ein positives Zeugnis aus.

Marcus Weyerer, Senior ETF Investment Strategist bei Franklin Templeton Investments
Marcus Weyerer, Senior ETF Investment Strategist bei Franklin Templeton ETFs EMEA

Die prognostizierte durchschnittliche Gesamtwachstumsrate Indiens für die nächsten fünf Jahre liegt bei 6,1 % und übertrifft damit deutlich diejenige von China. Weyerer: „Die Verlagerung der Produktion von China zurück nach Indien ist ein weiterer wichtiger Faktor, der westlichen Unternehmen nicht nur eine Diversifizierung der Lieferketten, sondern auch den Zugang zum großen und wachsenden indischen Markt ermöglichen kann.“

Indiens saubere Bilanz

Für den indischen Binnenmarkt wird erwartet, dass die Nachfrage in den Städten und auf dem Land insgesamt zunehmen wird. Bis 2030 dürfte sich der Einzelhandelsmarkt gegenüber 2018 etwa verdoppeln.

Der Experte: „Dank guter Umsatzsteuereinnahmen hat die Regierung ihre Haushaltsziele in diesem Jahr bisher weitgehend erreicht. Die Devisenreserven sind seit der Corona-Krise erfreulich stark angewachsen und befinden sich wieder in der Nähe der Allzeithochs. Wir gehen davon aus, dass sich die Einnahmen aus der Umsatzsteuer mit der allgemeinen Inlandsnachfrage verbessern werden. Das sollte der Regierung bei der Haushaltskonsolidierung zugutekommen. Außerdem ist das Leistungsbilanzdefizit zurückgegangen und dürfte sich 2024 weiter verringern, wodurch die Devisenreserven ansteigen könnten. Und schließlich ist die Auslandsverschuldung Indiens mit rund 20 % des BIP im Vergleich zu den Industrieländern niedrig. In den USA macht sie etwa 100 % des BIP aus, in Deutschland 170 % und in Italien 130 %.“

Inflation fällt

Die indische Zentralbank (RBI) hat klar gesagt, dass die Senkung der Inflation auf 4 % eine absolute Priorität bleibt. Dennoch wurde der Zinssatz kürzlich bei 6,5 % belassen, was den Markterwartungen entsprach. Weyerer: „Ein genauerer Blick offenbart jedoch, dass die Inflation im April bereits ein Zweijahrestief erreicht hat, und dieser allgemeine Trend deckt sich mit dem Rest der Welt. Weltweit werden die Zinssätze möglicherweise nicht auf das extrem niedrige Niveau des vergangenen Jahrzehnts zurückkehren, und Indiens fiskalische Umsicht dürfte mittelfristig belohnt werden, da die aktuellen Zinssätze weiterhin hoch sind. Kurz gesagt: Die makroökonomische Situation Indiens unterscheidet sich deutlich von der vieler anderer Länder und rechtfertigt andere Bewertungen. Daher können diese Unterschiede durchaus bestehen bleiben oder sich sogar noch vergrößern, wenn das makroökonomische Gefälle weiter zunimmt.“

Interessante Aktien

„Zusammengefasst: Indische Aktien sind derzeit nicht günstig, aber sie sind auch nicht teuer, wenn man die strukturellen Trends berücksichtigt. Dazu gehören ein günstiges fiskalisches Umfeld, eine steigende Leistungsfähigkeit des verarbeitenden Gewerbes und natürlich positive Rahmenbedingungen für den privaten Konsum. Was die kurzfristigere Entwicklung angeht, so beobachten wir ein sich rasch verbesserndes Geschäftsumfeld, Regierungsreformen, ein gesundes Kreditwachstum und sehr starke Einkaufsmanagerindizes, außerdem Aktienmärkte, die sich für den Zeitraum seit Jahresbeginn gerade ins Plus gedreht haben.“

Franklin Templeton/HK

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