Aktien: Chaos und Ruhe
Trotz Zoll-Chaos und wachsender geopolitischer Unsicherheiten reagieren die Aktienmärkte derzeit vergleichsweise ruhig. „Die Gelassenheit der Anleger erinnert eher an die Dot.com Blase im Jahr 2000: Viele kaufen jetzt und denken vielleicht später“, so Thomas Böckelmann, Dolphinvest Capital.
„Umgeben von geopolitischem Chaos preisen die Aktienmärkte die Perfektion der Zukunft ein“, so der leitende Fondsmanager. Und weiter: „Der Anteil von Hoffnungen und Träumen an den Aktienbewertungen liegt über 50 %. Weniger als die Hälfte lassen sich durch bilanzielle Buchwerte und die diskontierten erwarteten Unternehmensgewinne der kommenden drei Jahre erklären.“ Dafür seien neben technischen Faktoren wie algorithmischem Handel, Momentumstrategien und ETF-Dominanz vor allem KI und Zinssenkungshoffnungen in den USA verantwortlich.
Risikoreiche Euphorie
Die Phantasie der Anleger werde weiterhin durch die Erwartung extrem steigender Produktivität und damit Profitabilität der Unternehmen mittels KI beflügelt. Tatsächlich deuten erste Auswertungen auf einen Produktivitätsanstieg durch Anwendungen wie ChatGPT, Gemini, GROC und anderen hin. Auf der anderen Seite stünden unzählige Milliarden von Investitionen der sogenannten Hyperscaler. „Der Trend scheint hier noch intakt, die größte Gefahr neben den hohen Bewertungen liegt aber in möglichen negativen Überraschungen aus China, die mit disruptiven Anwendungen wie seinerzeit Deepseek auftreten können“, warnt Böckelmann.
Das Vertrauen darauf, dass Zinssenkungen zu weiter steigenden Aktienkursen führen würden, basiere auf der langjährigen Korrelation von Geldmenge zu Aktienkursen. Mittlerweile preist der Markt bis Ende 2026 fünf bis sechs Zinssenkungen der Fed ein. Notenbankchef Powell hat während der Konferenz in Jackson Hole eine Zinswende nicht ausgeschlossen, sie ist sogar wahrscheinlich. „Gleichzeitig steht die Fed zwischen zwei widersprüchlichen Zielen: Einerseits die Inflation zu bekämpfen, andererseits für Vollbeschäftigung zu sorgen“, so der Experte. Aktuell sei die Lage noch unentschieden, allerdings sprechen die Argumente eher für eine schwächere Wirtschaft, was Zinssenkungen naheläge. Ausgebremst werde die Fed im Gegensatz dazu durch wieder steigende Inflationserwartungen und zollbedingte Stagflationsrisiken. „Die eingepreisten Zinssenkungen setzen entweder einen starken Wirtschaftseinbruch oder politische Einflussnahme auf die Fed voraus – beides keine Treiber für nachhaltig steigende Kurse“, resümiert Böckelmann.
Enorme Verschuldung
„Im Gegensatz zu den Aktienmärkten verhalten sich die Anleihenmärkte deutlich vorsichtiger“, sagt Böckelmann. Zwar werde am kurzen Laufzeitende mit sinkenden Zinsen gerechnet (denn nur das kontrollieren die Notenbanken), doch am langen Ende stiegen die Zinsen an. Die steilere Zinsstrukturkurve sei ebenfalls Ausdruck gewisser Sorgen um die Tragfähigkeit der Staatsschulden und gelte mittlerweile für nahezu alle Länder.
„Neben den USA kämpfen auch andere Länder mit maßloser Staatsverschuldung“, so der Portfoliomanager. Auch in der EU, in den Niederlanden und vor allem in Frankreich erkennt der Experte zunehmend Staatskrisen. Frankreich müsse mittlerweile höhere Zinsen als Griechenland zahlen, das sich dank marktwirtschaftlicher Reformen in den letzten 10 Jahren zum Musterschüler entwickelt habe.
Ausblick für Anleger: Vola steigt
Für den Herbst rechnet Böckelmann insgesamt mit höherer Volatilität an den Börsen. „Die hohen Bewertungen und Rekordstände der großen Aktienindizes bergen erhebliche Risiken. Unverändert sehen wir abseits der bekannten Indizes große langfristige Chancen bei selektiven Anlagethemen wie beispielsweise Infrastruktur. Gleichzeitig halten wir an realen Werten wie Gold und Rohstoffen fest“, betont der Portfoliomanager abschließend.
Dolphinvest Capital/HK
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