12. Mai 2021

SFDR: unter der kritischen Lupe

LedererPabstSusanne Neu1
Dr. Susanne Lederer-Pabst dragonfly finance

Werfen wir einen ersten Blick auf den aktuellen Stand der Offenle­gungs­verordnung, so gibt es doch – noch – die eine oder andere Schwachstelle dieser ersten Implementierungsstufe, die sichtbar wird.

Die SFDR, Sustainable Finance Disclosure Regulation, ist kürzlich in Kraft getreten und somit ein weiterer Schritt des EU-Aktionsplans. Sie sieht weitreichende Offenlegungspflichten zu Nachhaltigkeitsrisiken für Finanzmarktteilnehmer vor – so sind diese verpflichtet, über die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken im Rahmen von Investitionsentscheidungen sowie über die ESG-Ausrichtung ihrer Investmentprodukte zu berichten. Die betroffenen Unternehmen müssen diese Angaben über ihre Website und ihre vorvertraglichen Informationen zur Verfügung stellen. Weitere Offenlegungen in den Jahresberichten sind ab dem 1. Januar 2022 verpflichtend.

Hohe Komplexität der technischen Texte

Ein eindeutiges Problem ist derzeit aber noch die hohe Komplexität der technischen Texte. Diese Texte sind zwar noch nicht endgültig, da noch nicht durch den Regulierungsprozess der EU genehmigt, doch stellt sich die Frage, ob diese noch vereinfacht werden können. In letzter Zeit wurden immer wieder Texte veröffentlicht, die versuchen, die technischen Texte der EU zu erklären, mit dem Ergebnis, dass dadurch noch mehr Spielraum für Auslegungsfragen geschaffen und somit die Komplexität weiter erhöht wurde. Die Taxonomien wurden ja eigentlich ins Leben gerufen und die Kriterien ausdiskutiert, um eine Einheitlichkeit des Nachhaltigkeitsbegriffs und somit eine Vergleichbarkeit für Investoren zu schaffen.

Unterschiedliche Auslegungen der lokalen Aufsichtsbehörden

Jedoch sieht es derzeit danach aus, dass diese gewünschte einheitliche „Spielwiese“ und die „fairen“ Wettbewerbsbedingungen nicht so einfach herstellbar sind, denn die lokalen Aufsichtsbehörden, die für die Überwachung der SFDR-Umsetzung zuständig sind, scheinen in ihrer jeweiligen Auslegung unterschiedlich streng zu sein. Bedeutet, dass es je nach Mitgliedsstaat der Ansässigkeit unterschiedlich einfach oder eben kompliziert ist, einen Artikel 9-Status für die eigenen Produkte zu erhalten, und diese sind nach einer strengen Auslegung des offiziellen Textes die einzigen, die als „nachhaltige Investitionen“ bezeichnet werden. Es gibt somit Aufsichtsbehörden, die den gesamten Prozess vereinfacht haben und andere, die an der sehr strengen Auslegung festhalten. Teilweise gibt es individuelle nationale Regelungen, die nicht vollständig mit der SFDR-Typologie übereinstimmen, einige Mitgliedsstaaten erwägen sogar eine eigene Taxonomie. Auch das Vorhandensein inländischer Labels mit eigenen Anforderungen ist nicht hilfreich für die Situation.

Herausforderung quantitativer Daten

Hinzu kommt eine weitere Herausforderung: die Daten. Zur Umsetzung nach Vorgaben der EU-Taxonomie sind die Marktteilnehmer in hohem Maße auf umfassende quantitative Daten angewiesen, denn nur ein Set an quantitativen Indikatoren kann ein umfassendes Bild einer Investition und der von ihr initiierten Auswirkungen wiedergeben. Dies stellt eine Herausforderung für die Akteure dar, die all dies nach Vorgabe der SFDR ja auch veröffentlichen und darstellen müssen.

Transparenz herstellen und Wettbewerbsvorteile vermeiden

Die neue Offenlegungsverordnung wird von manchen Marktteilnehmern als Paradigmenwechsel im ESG-Reporting bezeichnet, denn sie macht Investitionen in nachhaltige Anlagen vollumfänglich transparent. Aufsichtsbehörden fordern daher nachdrücklich die zügige Klärung der noch offenen Auslegungsfragen zur Umsetzung des neuen Reportings. Auch die dringend notwendigen Definitionen für die Einstufung der Finanzprodukte in die durch die Verordnung eingeführten Nachhaltigkeitskategorien sind noch ausständig. Mal sehen, was noch kommt.

LedererPabstSusanne Neu1
Dr. Susanne Lederer-Pabst dragonfly finance

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