KI: Die Roboter sind da
Neuer Trend, keine Zukunftsmusik: Wir verbinden KI heute meistens mit ChatGPT, Deepseek & Co. Immer wichtiger wird allerdings die Umsetzung in der „realen Welt“. Die Zauberwörter heißen hier Robotik und „Physcical AI“.
Was versteht man nun unter „Physical AI“ (PAI)? Das GELD-Magazin sprach dazu mit Bernhard Selinger, Fondsmanager des „Erste Future Invest“ (ein aktiv gemanagter, globaler Aktienfonds, der in Megatrends bzw. „zukunftsträchtige“ Themen investiert). Der Experte: „Als PAI bezeichnet man die Verschmelzung bzw. Kombination von KI und physischen Systemen, das können etwa diverse Maschinen, Roboter oder Fahrzeuge sein. Man könnte sagen: PAI bringt KI von der virtuellen in die reale Welt.“
Großes Potenzial

Das eröffnet Selinger zufolge eine Vielfalt von Einsatzfeldern, die sich immer weiter ausdehnen: „Angesichts des demografischen Wandels und der zunehmend alternden Bevölkerung ist die Robotik auch in der Pflege angekommen. Ein bekanntes Beispiel bietet die Therapie-Robbe Paro. In Japan sind andere Pflege-Roboter schon länger im Einsatz, sie unterstützen etwa bei physisch anstrengenden Arbeiten, wie dem Umbetten von Patienten.“ Ein überaus wichtiges Gebiet bieten weiters natürlich Industrie und Logistik.
Der Spezialist der Erste Asset Management: „Gefährliche monotone und über Gebühr anstrengende Tätigkeiten können zunehmend durch Roboter ersetzt werden. Das geht über die schon lange bekannten Schweißroboter hinaus, die immer nur denselben Arbeitsschritt vollziehen. Verbesserte Sensorik und die Kombination mit KI ermöglichen es Robotern zum Beispiel selbstständig zu fahren und Qualitätsprüfungen vorzunehmen.“ Wobei der Mensch gegenüber der Maschine (noch) einen gehörigen Vorteil hat: Die Haptik. Denn die Wahrnehmung durch den Tastsinn ist beim Menschen extrem stark ausgeprägt. Sehr schnell und absolut perfekt lässt sich das nicht imitieren, obwohl PAI laut Selinger auch auf diesem Gebiet Fortschritte macht: „Wenn hier gewisse Schranken überwunden werden, öffnet sich weiteres, enormes Potenzial.
Schritt für Schritt
Audun Wickstrand Iversen, Portfoliomanager DNB Fund Disruptive Opportunities, bestätigt, dass PAI bereits in mehreren Branchen angekommen ist: „In der Logistik bewegen autonome mobile Roboter Waren Seite an Seite mit Menschen, und wir sehen eine exponentielle Entwicklung bei Drohnen. Waymo und Tesla skalieren Roboter-Taxis, und Aurora Innovation hat begonnen, selbstfahrende Lkw in Texas zu skalieren. In Krankenhäusern liefert die robotergestützte Chirurgie extreme Präzision und wird täglich eingesetzt. In der Landwirtschaft sprühen und ernten KI-gesteuerte Maschinen effizienter. In Fabriken übernehmen kollaborative Roboter repetitive Arbeiten und passen sich schnell an neue Aufgaben an. Und im Bergbau sowie Bauwesen werden Roboter für riskante Arbeiten eingesetzt, bei denen Sicherheit oberste Priorität hat. Humanoide Roboter stecken noch in den Kinderschuhen, aber Pilotprojekte zeigen bereits echte Fortschritte.“
Von Industrie bis Chirurgie
Auch Christophe Pouchoy, Fondsmanager bei LFDE, sieht enorme Fortschritte im Bereich der Robotik: „Wir beobachten einen deutlichen Wandel von rein mechanischer Automatisierung hin zu intelligenten, vernetzten und adaptiven Systemen, die physisch mit ihrer Umgebung interagieren und diese wahrnehmen können. Dank der Kombination aus Sensortechnologie, KI und Cloud-Technologien sind Roboter heute in der Lage, flexibel und präzise auf komplexe Situationen zu reagieren.“
Der Experte gibt konkrete Einblicke: „Das japanische Unternehmen Fanuc beispielsweise produziert hochpräzise Industrieroboter, die in der Automobilfertigung und bei der Montage von Smartphones eingesetzt werden. Neben klassischen Industrierobotern entwickelt das Unternehmen auch kollaborative Roboter, sogenannte Cobots, die Seite an Seite mit Menschen arbeiten und monotone Aufgaben übernehmen. Im Gesundheitswesen gilt Intuitive Surgical mit seinem Da-Vinci-System als Pionier der robotergestützten Chirurgie, das Ärzten eine bisher unerreichte Präzision im Operationssaal ermöglicht. Ein weiteres Beispiel ist Amazon, das in seinen Logistikzentren vollautomatisierte Lagersysteme einsetzt, in denen Tausende von Robotern gemeinsam Bestellungen kommissionieren. Auch in der Elektronik- und KI-Branche sind Fortschritte zu verzeichnen, etwa mit dem Jetson Xavier NX von NVIDIA, dem derzeit kleinsten KI-Supercomputer der Welt, der autonome Systeme antreibt.“
Steig ein ins Robo-Taxi
Anjali Bastianpillai, Portfolio Managerin bei Pictet, fügt hinzu: „Da die Grenzen zwischen Technologie und der physischen Welt zunehmend verschwimmen, sind mittlerweile fast alle großen Technologieunternehmen in den USA und China in den Bereichen humanoide Roboter oder Robotik aktiv. Während humanoide Roboter oft im Rampenlicht stehen, stellen sie nur eine von vielen Formen intelligenter Robotik dar.“ Ein prominentes Beispiel für physische KI sind laut der Expertin Robotaxis – autonome Fahrzeuge, die sich in mehreren Städten in den USA und Asien rasch verbreiten: „Chinesische Unternehmen wie Apollo (im Besitz von Baidu, Anm.), Pony.ai und WeRide wachsen rasant. Apollo Go hat Waymo mit über elf Millionen Fahrten bereits überholt und expandiert international in Regionen wie die Vereinigten Arabischen Emirate und Europa. Der Vorteil Chinas liegt in seinem robusten Ökosystem für E-Fahrzeuge, das einen kostengünstigen und schnellen Einsatz autonomer Fahrzeuge ermöglicht.“
Lesen Sie die ganze Story in der GELD-Magazin Nr. 5/2025 Ausgabe.