Problemfall Frankreich: Börse leidet
Dass politische Börsen kurze Beine haben, stimmt nicht immer – wie das aktuelle Beispiel Frankreichs beweist. Der maßgebliche Aktienindex CAC 40 hat die jüngste Regierungskrise noch nicht verdaut. Es fällt kein gutes Licht auf die Grande Nation.
Auch Frankreichs frischgebackener Ministerpräsident Sebastien Lecornu, er war erst Anfang September ernannt worden, musste den Hut ziehen. Überraschend wurde Lecornu jetzt erneut zum Premier berufen, die Börse beruhigt das aber nicht: Der CAC 40 fiel im Umfeld des Rücktritts Lecornus (6. Oktober) stark ab, es folgte nur eine kurzfristige Erholung, der Trendpfeil ist abwärtsgerichtet.
Hoch verschuldet
Und das in Zeiten, in denen etwa der DAX ein neues Allzeithoch markiert hat. Wobei Frankreichs Börse nicht nur unter dem aktuellen Hickhack leidet. Es belasten eine überbordende Bürokratie, Reformunwillen und die hohen Schulden. Im 1. Quartal 2025 betrug die Staatsverschuldung Frankreichs 114 Prozent des BIP, das ist der drittschlechteste Wert in der EU, nur Griechenland und die EU sind noch „spendabler“. Zum Vergleich: Die Schuldenquote liegt in Deutschland bei 62, in Österreich bei 84 und im Schnitt der Eurozone bei 88 Prozent. Auch in Sachen Budget-Defizit präsentiert sich die Grande Nation alles andere als großartig: Weit über fünf Prozent minus sind es heuer. Aber wie geht es nun mit Wirtschaft, Börse und Politik in Frankreich weiter?
Bayrou und Lecornu forderten eine deutliche Haushaltskonsolidierung
Ein vierter Anlauf für einen neuen Premierminister, der eine deutlich geringere Haushaltskonsolidierung anstrebt, könnte nach Ansicht des europäischen Macro Research von Nomura zu einem politisch stabileren Ergebnis führen. Darüber hinaus würde eine Reduzierung des Defizits für 2026 um beispielsweise die Hälfte dessen, was Bayrou und Lecornu angestrebt haben (d. h. ein Defizit von etwa 5,2 % für 2026), immer noch zu einer besseren Haushaltslage führen als keine Konsolidierung und eine Übertragung des Haushaltsplans für 2025.
Die Assemblée nationale ist stark fragmentiert
Warnung vor Neuwahlen
Andrzej Szczepaniak, Ökonom bei Nomura, meint: „Neuwahlen könnten die Pattsituation nur verschlimmern; nach den aktuellen Meinungsumfragen würden sie nicht zu einer wesentlich anderen Zusammensetzung der Assemblée Nationale führen. Stattdessen glauben wir, dass Neuwahlen für OATs (französische Staatsanleihe) negativer wären als die Wahl eines Premierministers, der eine deutlich geringere Haushaltskonsolidierung anstreben würde. Am Rande würden Neuwahlen dazu führen, dass die populistischen Parteien France Insoumise und Rassemblement National ihren Anteil an Sitzen auf Kosten der traditionellen Mainstream-Parteien erhöhen würden.“
Reformen stehen aus
Fazit: Ob Neuwahlen oder die Ernennung eines neuen Ministerpräsidenten durch Macron – das Vertrauen der Investoren ist erschüttert. Und solange die strukturellen Probleme Frankreichs nicht gelöst sind, scheint die Pariser Börse nicht die erste Wahl zu sein.