18. Juni 2025

USA: Konjunktur unter Druck

Während die Märkte auf die Eskalation im Nahen Osten mit einem klassischen Sicherheitsreflex reagieren, richtet sich die Aufmerksamkeit der Börsianer zunehmend auf die Schwächezeichen der Konjunktur in den USA.

Axel Botte, Marktstratege des französischen Investmenthauses Ostrum Asset Management
Axel Botte, Marktstratege des französischen Investmenthauses Ostrum Asset Management

Axel Botte, Chefstratege von Ostrum Asset Management, analysiert, wie sich in den USA Desinflation, Arbeitsmarktverschlechterung und strukturelle Haushaltsrisiken zu einem geldpolitischen Zielkonflikt verdichten: „Die Fed wird bald stärker auf die Verschlechterung am Arbeitsmarkt reagieren müssen. Die FOMC-Wachstumsprognosen dürften wohl nach unten revidiert werden, bei gleichzeitig höheren Inflationserwartungen und Arbeitslosenquoten.“ Tatsächlich steigen die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe. Mit 1,95 Mio. laufenden Anträgen wurde der höchste Stand seit 2021 erreicht. Entlassungswellen nehmen zu, während einzelne Branchen durch migrationspolitisch bedingte Angebotsengpässe kaum noch rekrutieren können. Gleichzeitig bleibt der private Konsum durch Zollmaßnahmen belastet, ohne bislang die erhoffte Preisdynamik auszulösen.

US-Zinskurve unter Spannung

Der Verbraucherpreisindex stagniert im Mai bei 2,4 %, die Kernrate liegt bei 2,8 %. Gerade bei zollbelasteten Warengruppen wie Bekleidung oder Haushaltsgeräten zeigt sich ein deflationärer Trend. Erste Rückgänge bei Immobilienpreisen signalisieren zusätzlich nachlassenden Preisdruck. Die Desinflation setzt sich fort – doch die Arbeitsmarktlage zwingt die Fed in eine zunehmend asymmetrische Reaktionsposition. Zehnjährige T-Notes rentieren bei rund 4,40 %. Die geopolitisch motivierte Flucht in sichere Anlagen trifft auf enttäuschende Preis- und Arbeitsmarktdaten. Das bislang dominante Versteilerungs-Szenario der US-Zinskurve wurde vorerst gestoppt. Auch der Goldpreis profitiert von der Risikoaversion und steigt erneut an.

Neben konjunkturellen Einflüssen könnten auch fiskalpolitische Entwicklungen den US-Rentenmarkt belasten. Die sogenannte Provision 899 im US-Budget stellt die bisherige steuerliche Behandlung von Zinserträgen für ausländische Investoren infrage. Sollte der Ausnahmestatus tatsächlich entfallen, dürfte dies die Nachfrage nach Treasuries empfindlich schwächen, insbesondere am langen Ende der Kurve, das bereits jetzt durch steigende Finanzierungslasten unter Druck steht.

Europa: Spread-Ausweitung

Während periphere Staatsanleihen relativ stabil bleiben, geraten belgische und französische Titel zunehmend unter Druck. Nach der Herabstufung Frankreichs wurde nun auch Belgien von Fitch auf A+ gesetzt. Der Spread auf belgische OLOs weitete sich zuletzt auf 57 Basispunkte gegenüber Bunds aus – ein Signal wachsender Risikoaversion gegenüber hochverschuldeten Emittenten unter den Kernländern der Eurozone. Auch der Kreditmarkt zeigt sich bislang erstaunlich robust: Neue Emissionen stoßen im Primärmarkt weiterhin auf solide Nachfrage und sind ein Zeichen liquider Märkte trotz wachsender makroökonomischer Bruchlinien.

Ostrum AM/HK

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