Bargeldverbot: Grund zum Fürchten?
Die Angst geht um: Wollen die EU, allgemein die Politik oder gar finstere Finanzmächte unser heißgeliebtes Bargeld bald verbieten? Das ist bei nüchterner Betrachtung der Sachlage allerdings nicht zu erwarten.
Ein Vorteil kann Bargeld nicht genommen werden: Es ist anonym. Und diese Anonymität wird mit Freiheit und Selbstbestimmung assoziiert. Zurecht, denn wer will schon seine gesamten finanziellen Gebarungen nachvollziehbar wissen? Wohl die wenigsten, weshalb sich Cash ungebrochener Beliebtheit erfreut.
Beliebtes Bargeld
Die Ergebnisse einer OeNB-Studie zeigen, dass am Point-of-Sale Bargeld weiterhin das von der österreichischen Bevölkerung am häufigsten verwendete Zahlungsmittel ist. Trotz fortschreitendem Trend zur bargeldlosen Zahlung, insbesondere mittels Zahlungskarten, ist die positive Einstellung zu Scheinen und Münzen gleichbleibend stark ausgeprägt. Cash entspricht für immerhin 93 Prozent der Befragten mit Abstand am meisten den Vorstellungen eines optimalen Zahlungsmittels.
Zahlungskarten mit und ohne Code-Eingabe liegen recht nahe beieinander und werden von 88 bzw. 76 Prozent der Befragten als optimales Zahlungsmittel angesehen, wobei Zahlungskarten mit Code-Eingabe etwas besser abschneiden. Bezahlapps via Mobiletelefonen oder Wearables werden deutlich weniger positiv wahrgenommen und entsprechen nur für 27 bzw. 20 Prozent einem optimalen Zahlungsmittel.
Gläserner Bürger
Sprich: Cash liegt unangefochten an der Spitze der Beliebtheitsskala. Schon deshalb wäre es seitens der Politik unklug, Bargeld abschaffen zu wollen. Das gilt jedenfalls in funktionierenden Demokratien; in autoritären Systemen kann das anders aussehen. Etwa in China, wo versucht wird durch Kombination von Zahlungsströmen, Sozialversicherungskonto und Videoüberwachung den absolut gläsernen Menschen zu schaffen. Und tatsächlich ist im Reich der Mitte die Tendenz einer Bargeldverdrängung zu beobachten. Das treiben nicht zuletzt Plattformen wie Alipay oder WeChat-Pay unter wohlwollender Duldung Pekings voran. Bargeld wird in immer weniger Geschäften angenommen, bezahlt wird via Smartphone – wie praktisch, vor allem für den Überwachungsstaat.
In die Verfassung?
So weit sind wir in unseren Breiten nicht, aber lässt sich nicht doch eine Tendenz zur Bargeldverdrängung feststellen? Thomas Url, Spezialist für Makroökonomie und öffentliche Finanzmärkte am WIFO, meint: „Von Seiten der OeNB und EZB gibt es starke Selbstverpflichtungen zur Bereitstellung und Unterstützung von Bargeld. Weiters zeigt unter anderem die heimische Regierung Bestrebungen, den Annahmezwang von Bargeld in den Verfassungsrang zu heben. Somit ist viel politischer Wille zur Aufrechterhaltung von Bargeld vorhanden. Ich sehe auch keinen wesentlichen politischen Akteur, der es abschaffen will.“
Abgesehen davon wird die Annahmepflicht von Cash bereits im Scheidemünzengesetz, im Nationalbankgesetz und im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 907 a) geregelt. Was hält Url nun von der Idee, Bargeld in der Verfassung zu verankern? Der Experte sieht das differenziert: „Die Verfassung sollte möglichst wenig angegriffen werden, sie bietet dauerhaften Schutz des einzelnen Bürgers vor der Staatsgewalt. Zwar ist die Annahme von Bargeld in Österreich gesetzlich verpflichtend, aber diese Gesetze könnten per einfacher Mehrheit geändert werden. Somit hätte Bargeld im Verfassungsrang als Schutzwall doch seine Berechtigung.“ Url fügt aber schnell hinzu: „Allerdings stellt sich die Frage, wie sinnvoll Bargeld im Verfassungsrang wäre, wenn die Annahmepflicht ohnedies nicht exekutierbar ist? Denn das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch sagt, dass es keinen Zwang gibt, einen Vertrag abzuschließen.“
Cash bleibt King
Fazit: Unser Bargeld ist juristisch gut abgesichert und kein Politiker will sich hier die Finger verbrennen. Eine Abschaffung ist auf absehbare Zeit nicht vorstellbar.
Lesen Sie die ganze Story in der GELD-Magazin Ausgabe Nr. 2/2024.