GELD-Magazin, Juni 2022

Trotzdem erkennt die FMA die Gefahr. Die Lebensversicherungen sind in der Niedrig- zinsphase konsequent unter Druck, gibt auch Helmut Ettl, der FMA-Co-Chef wäh- rend der Jahresbilanz der Finanzmarktauf- sicht zu. So verordnete die FMA ab dem Jahr 2015 eine Zinssatz-Rückstellung von den Versicherern, um die zukünftigen Anforde- rungen aus dem Altgeschäft bedienen zu können. Derzeit ist diese Rückstellung, laut FMA, mit rund 1,5 Milliarden Euro dotiert. Sicherheit vor Rendite Abstürze an den Aktienmärkten sorgen bei den Kapitalanlegern der Versicherer für we- niger Kopfweh als bei anderen institutio- nellen Anlegern. Rund ein Prozent macht der Aktienanteil insgesamt für die Gesamt- heit der Versicherer aus. Staats- und Unter- nehmensanleihen kommen im Gegensatz dazu auf 42 Prozent (FMA-Daten). Betrieb- liche Vorsorgekassen gehen etwas offensiver vor und verzeichneten daher auch im letzten Jahr durchschnittlich eine bessere Rendite von rund vier Prozent. Die APK Vorsorgekas- se weist immerhin einen Aktienanteil von 22,8 Prozent auf und die betriebliche Vor- sorgekasse der Allianz 21 Prozent. Viele Kas- sen erhöhten dabei ihren Aktienanteil im letzten Jahr signifikant, um von der Hausse an den Börsen zu profitieren. Aber auch bei den Vorsorgekassen sind Anleihen das wich- tigste Anlageinstrument und weisen bei der Mehrheit einen Anteil von über 50 Prozent aus, die BUAK gar einen Anteil von 76,5 Pro- zent. Wie schwierig es ist, auf lange Zeit hohe Renditen zu erzielen, zeigt eine Analy- se der Betrieblichen Vorsorgekassen, durch- geführt vom Industriemakler GrECo. Im Zehn-Jahrestest zeigt sich, dass die acht Be- triebskassen lediglich zwischen 2,36 und 2,8 Prozent jährlich erwirtschafteten. Eine Rendite, die derzeit zu Realverlusten führen würde. Die ausbaufähige Performance liegt auch daran, dass die Betrieblichen Vorsorge- kassen eine Kapitalgarantie gewähren müs- sen. D.h. bis dato einbezahlte Beiträge im Rahmen der Abfertigung Neu dürfen für die Berechtigten nicht weniger werden und da- her müssen die Vorsorgekassen aus diesen Gründen hohe Gewichtungen in sicheren, aber kaum verzinsten Anleihen oder Cash halten müssen. Die internationale Bera- tungsfirma Mercer hat sich für eine Öffnung der strengen Grenzen ausgesprochen, wie durch die Ausweitung der Veranlagungs- grenzen, ähnlich den Pensionskassen, die seit 2019 frei von Grenzwerten sind. Die Kassen müssen sich nur noch selbst schrift- liche interne Leitlinien für die zu wählenden Grenzwerte geben. Die Vermögen der Pensi- onskassen werden fast gänzlich indirekt in Investmentfonds gehalten. Durchgerechnet nach Anlageklassen machen Aktien rund 40 Prozent den größten Anteil aus, gefolgt von Schuldverschreibungen mit rund 33 Pro- zent. Durch diese gewonnene Freiheit konn- te in den letzten drei Jahren (2019-2021) eine durchschnittliche Rendite von 7,19 Pro- zent (lt: FMA) erwirtschaftet werden. Private Anleger gehen ins Risiko Was für institutionelle Anleger gilt, wird auch für die private Vorsorge immer deut- licher. Aktuell ist bei den Anlegern eine Risi- kospirale nach oben zu erkennen, so Ettl von der FMA. 2021 gab es einen Trend in Rich- tung risikoreichere Veranlagungen. „Vom Sparbuch in Richtung Fonds, von den Fonds in Richtung Aktien und von Aktien in Rich- tung Derivate und Zertifikate.“ Die Entwick- lung weg von garantierter Verzinsung und hin zu Produkten mit Fondsveranlagung lässt sich auch im Bereich der Lebensversi- cherungen erkennen. So erhöhte sich der Anteil in der fonds- und indexgebundenen Lebensversicherung auf 26,8 Prozent im Jahre 2021 (2020: 25,4 %). Bei der Allianz Österreich betrug der Zuwachs von Pro- dukten mit Fondsveranlagung im April 2022 54 Prozent im Vergleich zum April 2021. Auch Wolfgang Staudinger, Versicherungs- makler, der sich stark auf das Thema „Reale Wertverluste können mit herkömm­ lichen konservativen Sparformen nicht verhindert werden.“ Peter Eichler, Vorstand Personenversicherung UNIQA Insurance Group AG Zillmerung Viele Kapital-Lebensversicherungen werden vorzeitig gekündigt. Die Ver- sicherungen bestrafen den Kündi- gungswillen mit erheblichen finan- ziellen Einbußen. Der Grund: die Zillmerung, so genannt nach dem Mathematiker August Zillmer. Bei diesem System werden üblicherwei- se Provisions- und Abschlusskosten aus den Beiträgen der ersten Jahre gedeckt. Daher liegt der Rückkaufs- wert noch meist nach zehn Jahren und mehr unter den eingezahlten Beiträ- gen. Bei ungezillmerten Tarifen wird die Abschlussvergütung über die gesamte Beitragszahlungsdauer des Vertrages verteilt. Das Versicherungs- konto wird bei Vertragsbeginn nicht so stark belastet, was gerade in den Anfangsjahren zu höheren Rückkaufs- werten im Verhältnis zum Beitrag führt. Juni 2022 – GELD-MAGAZIN . 71

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