GELD-Magazin, Juni 2022

Chip-Krise: Engpass hält an Keine Normalisierung. Halbleiter sorgten bereits 2020 aufgrund der Un- terbrechung der weltweiten Lieferket- ten für Schlagzeilen. Auch zwei Jahre später bestehen in zahlreichen Bran- chen Engpässe – und die erwartete Normalisierung wird sich voraussicht- lich bis ins Jahr 2023 hinziehen. Pie- ran Maru, Analyst bei GAM Invest- ments, kommentiert: „Eine Branche, die stark von den Lieferengpässen be- troffen ist, ist die Automobilindustrie. Der Absatz von Mercedes ging im er- sten Quartal 2022 um 15 Prozent zu- rück, während der Gesamtabsatz von Ford im Vergleich zum Vorjahr um 25,6 Prozent sank.“ Zumindest wird jetzt gegengesteuert: Der US-Senat hat vor kurzem einen geänderten Ge- setzes-Entwurf gebilligt, mit dem 52 Milliarden Dollar für US-Halbleiter­ chips bereitgestellt werden sollen. Die EU-Kommission kündigte wiederum eine Reihe von Maßnahmen zur Stär- kung der Chip-Infrastruktur an, die 15 Milliarden Euro zu den bereits geplan­ ten 30 Milliarden hinzufügen werden. Das würde es den Herstellern ermögli- chen, die Abhängigkeit von Lieferketten aus Asien zu verringern. Globalisierung: Ein Auslaufmodell? Sargnagel. Längerfristige Konsequenzen des Ukra- ine-Krieges lassen sich schwer fassen. Dennoch könnten sie sich für die wirtschaftliche und geopoli- tische Organisation der Welt in den kommenden Jahrzehnten als sehr weitreichend erweisen. Olivier de Berranger, CIO von LFDE, meint: „Tatsächlich hat dieser Krieg alles, um zum Sargnagel der Globalisie- rung zu werden. Vorangegangen waren der Handels- krieg zwischen den USA und China sowie die Ent- schlossenheit Pekings, in Asien einen an den Yuan angelehnten unabhängigen Währungsraum zu schaf- fen.“ Die Invasion der Ukraine durch Russland könnte sich nun als ausschlaggebend für die Umkehr der Weltwirtschaft von der Globalisierung in Richtung Regionalisierung erweisen. Das bietet im Sinne der Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit Vorteile, insgesamt wird das Leben aber teurer werden. Und die Zersplitterung der Welt könnte zum Paradigma der kommenden Jahrzehnte werden. Olivier de Berranger, CIO von LFDE Rezession: „Nicht unvermeidbar“ Schwierige Lage. Das Rezessionsrisiko steigt, vor allem in Europa. Gleichzeitig bleibt das Wachstums- potenzial gering und wird durch die Folgen des Krieges zusätzlich belastet. Über die Wahrscheinlich- keit einer Rezession lässt sich nun trefflich streiten. „Sie wird davon abhängen, wie hartnäckig die Infla- tion sein wird. Sicher ist, dass sich der Weg zu einer sanften Landung weiter verengt hat“, kommentiert beispielsweise die Vermögensverwaltung Eyb & Wall- witz. Die eher prekäre Lage lässt sich auch aus fol- genden Worten von Fed-Chef Jerome Powell deutlich herauslesen: „Es gibt einen Weg, eine Rezession zu vermeiden, aber es wird eine Herausforderung sein.“ Auch hört man von Notenbankern ziemlich verschro- bene Sätze wie „Die Gefahr einer Rezession ist nicht mehr unvermeidbar“. Das zeugt schon von einer er- heblichen Unsicherheit und trägt nicht gerade zur Beruhigung von Konsumenten, Unternehmen und Investoren bei. Apropos Investments: In diesem an- gespannten Umfeld bleiben kurzfristig vor allem de- fensive Anlagen gesucht. Harter Wettbewerb. Das Metaverse ist in aller Munde, bleibt aber ein nebulöser Be- griff. Investoren haben zahl- reiche Definitionen entwi- ckelt, die nicht gerade trenn- scharf ausfallen. Grundsätz- lich sieht Alison Porter, Port- folio Manager bei Janus Hen- derson, aber langfristige Wachs- tumschancen für das Meta- versum und einige sehr disruptive Merkmale: „Den- noch ist hervorzuheben, dass das Metaverse in naher Zukunft einen evolutionären Charakter hat und sich die Revolution wahrscheinlich erst auf längere Sicht vollzieht.“ Der Wettbewerb zwischen den großen Technologiekonzernen um die Positionierung im hart umkämpften Metaverse wird laut der Expertin jedenfalls erbittert sein. Die Unternehmen werden ihre teilweise immense Finanzkraft nutzen, um in die durch das Metaverse gebotenen Chancen zu investie- ren: „Wir glauben, dass dies in den nächsten 18 bis 24 Monaten noch deutlicher hervortreten wird“, meint Porter. Alison Porter, Portfolio Manager bei Janus Henderson Investors Metaverse: Bust oder Boom? Juni 2022 – GELD-MAGAZIN . 7

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