GELD-Magazin, Juni 2022

Juni 2022 – GELD-MAGAZIN . 59 Nuancen: einige Blockchains haben heute etwa nur eine Handvoll Validatoren. Valida­ toren sind im Grunde die „Zentralbanken“, die die Transaktionen im Netzwerk abwi­ ckeln. Die reibungslose Ausübung dieser Funktion wurde in langjährigen Netzwerken wie Bitcoin und Ethereum, die über Hun­ derttausende von Validatoren verfügen, in der Praxis bereits erprobt und daher gelten diese auch als besonders sicher. Sieht man sich jedoch die Geschichte von Bitcoin ge­ nauer an, erkennt man, dass auch sie 2009 mit nur zwei Minern (Validatoren bei Bit­ coins „Proof-of-Work“-Konsensmechanismus), Satoshi Nakamoto und Hal Finney, begann. Heute, 13 Jahre später, haben wir fast eine Million Miner auf der ganzen Welt. In Anbe­ tracht dieser Größenordnung und des Tem­ pos der relativen Verbreitung von Kryptowäh­ rungen können wir also davon ausgehen, dass auch andere Kryptowährungen in diesem Jahrzehnt wesentlich dezentraler werden. Abgesehen von ihren praktischen Anwen- dungen, nehmen Bitcoin und andere Kryp- towährungen als digitale Vermögenswerte eine immer relevantere ökonomische Posi- tion ein. Welche Rolle spielen dabei die verschiedenen Konsensmechanismen, Dezentralität und die Zahl der Validatoren? Das ist richtig, Bitcoin hat sich definitiv zu einem aufstrebenden Wertaufbewahrungs­ mittel entwickelt. Wenn wir uns beispiels­ weise den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland ansehen, wird deutlich, wie massiv insbesondere Bitcoin von Flüchtlin­ gen genutzt wurde, um mit ihren Ersparnis­ sen in Nachbarländer zu fliehen. Aufgrund dieser Rolle ist Bitcoin ganz bewusst sehr konservativ in seiner Entwicklung, um sich nicht dem Risiko neuer Technologien und Schwachstellen in Verbindung mit nicht er­ probten Konsensmechanismen auszusetzen. Bitcoin ist ein nicht-staatliches, selbstbe­ stimmtes Zahlungsnetzwerk oder Geldsy­ stem, das unabhängig von der traditionellen Geld- und Steuerpolitik der einzelnen Regie­ rungen funktioniert. Jeder übermäßige Ein­ griff ist hochriskant, diese Position zu unter­ minieren, und daher ist es unwahrscheinlich, dass wir einen Wechsel zu „Proof-of-Stake“- Konsensmechanismen, bei welchen die Vali­ datoren im Verhältnis zu ihren Vermögens­ beständen im jeweiligen Netz ausgewählt werden, erleben werden. Dieser Wechsel wird zwar immer häufiger unter Anbetracht von Umweltaspekten gefordert, aber interes­ santerweise konnten wir in den letzten fünf Jahren einen allmählichen Übergang zu nachhaltigen Energieressourcen durch Mi­ ner beobachten. Ich denke, beide Systeme haben ihre Vorzüge, aber es hängt einfach von den Anwendungsfällen ab. Es ist ganz klar, dass Bitcoin nicht denselben Funkti­ onen dient wie Ethereum: Bitcoin ist digi­ tales Gold und ein Wertaufbewahrungsmit­ tel, während Ethereum eindeutig eine Art App-Store ist. Web3 soll Internet-Dienste dezentralisieren und durch kryptographische Verschlüsselung die Privatsphäre in Web-Infrastrukturen garantieren. Eliézer Ndinga, Leiter des Research-Teams von 21Shares Sie sehen also den Energieverbrauch von Bitcoin keineswegs als potenzielles Hin- dernis für eine weitere Verbreitung? Über welche Energiequelle sprechen wir, wenn wir über den Energieverbrauch reden? Wenn eine bestimmte Tätigkeit viel Energie verbraucht, die viel Kohlendioxid abgibt, ist das ein Problem. Wie ich aber bereits er­ wähnt habe, hat sich in den letzten fünf Jah­ ren ein deutlicher Wandel der Miningaktivi­ tät hin zu nachhaltiger Energie vollzogen. Ich glaube einfach, dass die Menschheit ein nichtstaatliches, globales und digitales na­ tives Geldsystem braucht. Eine Alternative für alle, die mit Totalitarismus, Diktatur oder politischen Regimen zu kämpfen haben, die keine demokratischen Werte verfolgen. Es gibt keine andere Technologie, die demokra­ tische Werte besser repräsentiert als Krypto- Assets; diese stehen im Kern für Neutrali­

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