GELD-Magazin, November 2021

Zentralbanken: Inflationsgefahr Unter Druck. „ Ja, wir sollten auf jeden Fall über die Möglichkeit einer stabilen Inflation nachden- ken, auch wenn sie uns noch illu- sorisch erscheint!“, meint Frédé- ric Leroux, Mitglied des Invest- mentkomitees bei Carmignac. Die Zentralbanken sollten dieser Möglichkeit ihre Aufmerksam- keit schenken. Sie sind nach wie vor davon überzeugt, dass die Entscheidung, den Liquiditäts- hahn auf- oder zuzudrehen, allein bei ihnen liegt. Doch was, wenn sich die derzeitige Inflation als dauerhaft er- weist? Dann wäre sie der bestimmende Faktor für die Höhe der Zinssätze – und die Zentralbanken hätten keine Wahl, als zu reagieren. Die Zeiten, in denen die Zentral- banken uns bei der kleinsten wirtschaftlichen Abkühlung zu Hilfe eilen, wären vorbei, da die Inflation die gewohnt großzügigen Maßnahmen verhindern würde. Frédéric Leroux, Investmentexperte bei Carmignac DIE ZAHL DES MONATS 40 Prozent Rotstift ansetzen. Durch ihre Erfahrungen aus der letzten Finanzkrise und entsprechende Risikovorsorge konnten europäische Banken die heiße Phase der Covid-19-Pandemie erfolgreich meistern. Dabei haben auch staatliche Eingriffe und eine Reihe von Sondermaßnahmen der Zentralbanken gehol- fen. Zeit sich auszuruhen, bleibt jedoch nicht. Um langfristig gegenüber der internationalen Konkurrenz bestehen zu können, ist eine tiefgreifende Neu- ausrichtung dringend erforderlich, wie die aktuelle Studie „Transforming European Banks“ von PwC und Strategy& zeigt. Dabei sollte auch kräftig der Rotstift geschwungen werden: Nach den aktuellen Berechnungen ließen sich die operativen Kosten von Banken innerhalb von drei bis vier Jahren um bis zu 40 Prozent reduzieren, wobei die meisten Ergebnisse bereits in den ersten zwei bis drei Jahren erzielt werden können. Kurzfristig durch tak- tische und schnell umsetzbare Maßnahmen (5-10%), mittelfristig durch die selektive Straffung des Geschäftsmodells zur sukzessiven Steigerung der Profitabilität einzelner Geschäftszweige (15-20%) und langfristig durch ra- dikale Neukonzeptionierung des Geschäftsmodells (30-40%). „Der Weg aus der strukturellen Abhängigkeit von Zinsmargen liegt in der Umverteilung knapper Ressourcen auf profitable Segmente und der nachhaltigen Verbes- serung der Eigenkapitalrendite. Das erhöht gleichzeitig die Erfolgschancen bei wichtigen strategischen Fusionen“, so die Studie. KREDITNACHFRAGE Aufsteigender Ast Erholung. Seit dem zweiten Quartal 2021 steigt die Nachfrage nach Unternehmenskrediten mode- rat an. Für das vierte Quartal 2021 erwarten die Banken ebenfalls eine zunehmende Tendenz. Ge- tragen wird diese Entwicklung vor allem vom Be- darf nach langfristigen Krediten und der Nachfrage großer Unternehmen. Das sind die von der Oester- reichischen Nationalbank veröffentlichten Haupt- ergebnisse der vierteljährlichen Umfrage über das Kreditgeschäft, in der führende Banken nach ih- ren Einschätzungen gefragt werden. Wobei auch eine weiterhin stabile Entwicklung im Kreditge- schäft mit privaten Haushalten beobachtet wird. In den ersten drei Quartalen blieben die internen Ver- gaberichtlinien und die Konditionen im Privatkun- dengeschäft weitgehend unverändert – sowohl bei Wohnbau- als auch bei Konsum- und sonstigen Kre- diten. Im Ausblick auf das vierte Quartal 2021 er- warten die befragten Banken eine leichte Verschär- fung der Richtlinien für Wohnbaukredite und an- sonsten eine weitgehend unveränderte Situation bei den Richtlinien und der Nachfrage. Nachhaltigkeit. Laut ei- ner market-Umfrage im Auftrag des WWF Öster- reich fordert eine deut- liche Mehrheit der Öster- reicher eine gesetzliche Verpflichtung für Banken und Versicherungen, ihr Geschäftsmodell klima- und naturverträglich auszurichten. „Finanzinstitute haben eine enorme Verantwortung. Jeder Euro, der veranlagt wird, wirkt sich auch auf unsere Umwelt aus. Banken und Versicherungen müssen daher ihre Verantwor- tung wahrnehmen und Klima- und Naturschutz in ihrem Kerngeschäft be- rücksichtigen“, fordert Jakob Mayr, Experte für nachhaltige Finanzen beim WWF Österreich. Angesichts der wachsenden Zahl von Finanzprodukten, die als „nachhaltig” beworben werden, wünschen sich die Österreicher au- ßerdem eine bessere Kennzeichnung und Transparenz. Ins Bild passt auch eine Studie von zeb-consulting: Europas Banken nehmen demnach bei der grünen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft eine wesentliche Rolle ein. Investoren, Regierungen, Aufsichtsbehörden und nicht zuletzt Kunden erwarten, dass die Institute nicht nur Finanzierer des grünen Wan- dels sind, sondern auch Berichterstatter über Treibhausgasemissionen. Studien: Finanzwelt in die Plicht nehmen November 2021 – GELD-MAGAZIN . 21

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