GELD-Magazin, September 2021

das der Männer angeglichen. 43 Jahre nach der Forderung des VfGH zur Gleichstellung wird diese also endgültig umgesetzt. Mit der Angleichung des Pensionsalters von Mann und Frau wird zwar ein wichtiger Schritt getan, doch wird dies allein nicht ge- nügen. Das Ziel der Regierung ist die An- gleichung des effektiven an das gesetzliche Pensionsantrittsalter. Dafür will die Regie- rung vor allem am Arbeitsmarkt Impulse setzen. Unter dem Motto „Gesund bis zur Pension“ soll es laut dem Regierungspro- gramm verstärkte Anreize für Betriebe ge- ben, gezielt Gesundheits- und Altersma- nagement zu betreiben, das Arbeitsumfeld altersgerecht und gesundheitsfördernd zu gestalten sowie ein verstärktes Augenmerk auf den Arbeitsmarkt der Generation 50+ zu legen. Mit diesen Vorhaben besänftigt die Regierung vor allem den mächtigen Pensionistenverband (PVÖ), der ähnliche Maßnahmen, wie sie nun im Regierungsü- bereinkommen stehen, fordert. Die Notwendigkeit der Anhebung des Eintrittsalters Auch Oliver Picek, Chefökonom des arbeit- nehmerfreundlichen Thinktanks Momen- tum glaubt, dass die Anhebung des fak- tischen Antrittsalters vor der Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters erfolgen soll. „Wenn man statt 55 in Frühpension mit 65 in Pension geht, dann wäre schon viel ge- wonnen. Aber wir schaffen gar keine Wirt- schaftsleistung, mit der alle bis 65 arbeiten können.“ Auf der anderen Seite fordert der liberale Thinktank Agenda Austria die so- fortige Erhöhung des gesetzlichen Pensions- alters jedes Jahr um zwei Monate, bis ein Antrittsalter von 67 Jahren erreicht wird. Damit nimmt sich die Agenda Austria Deutschland als Vorbild, wo genau in dieser Form die Erhöhung des Pensionsalters durchgeführt wird. Anschließend sollte sich, laut den Wünschen des Thinktanks, das gesetzliche Pensionsantrittsalter auto- matisch an die steigende Lebenserwartung anpassen, also eine Pensionsautomatik ein- geführt werden. Auch Prof. Marin ist für die sofortige Erhöhung des gesetzlichen Pensi- onseintrittsalters. „Ich kann den ,Unfug‘, nur das faktische Pensionsalter muss dem gesetzlichen angenähert werden, nicht mehr hören. Um die Menschen von der Frühpension fernzuhalten, muss gleichzei- tig auch das gesetzliche Pensionsalter selbst hinaufgesetzt werden.“ Dass sich die Situa- tion gegenüber der Vergangenheit jedoch auch verbessert hat, muss auch Prof. Marin zugeben. „Heute bekommt man im Schnitt acht bis neun Prozent mehr Pension für je- des weitere Jahr der Erwerbstätigkeit, davor war das rund ein Prozent oder weniger.“ Gesetzliches Pensionseintrittsalter ist nicht alles Die Altersgrenzen für den Renteneintritt ändern sich europaweit. In Spanien ist die schrittweise Anhebung der Regelaltersgren- ze bis 2027 auf 67 Jahre gesetzlich geregelt. In Italien liegt das Eintrittsalter bereits bei 67 Jahren, es soll 2026 neuevaluiert wer- den. Die britische Regierung plant bereits die Rente mit 70. Wenn man sich aber OECD- Vergleichszahlen ansieht, dann zeigt sich auch, dass das gesetzliche Rentenein- trittsalter oftmals wenig über das effektive Eintrittsalter aussagt. So liegt das tatsächli- che Pensionseintrittsalter in Portugal so- wohl bei Männern als auch bei Frauen (OECD: 2018: 68,5/65,4) höher als das ge- setzliche Pensionsalter von 65,2, ähnliches gilt für die Schweiz. Die Conclusio daraus wäre die Kombination aus beiden Wegen: Also sowohl die Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters als auch die Anhebung des ef- fektiven Pensionsantritts. So wünscht sich Prof. Marin einerseits eine Pensionsauto- matik, die Lebenserwartungszuwächse in die Pensionsformel miteinrechnet, und gleichzeitig eine Altersrisikotarifierung in der Sozialversicherung. Dabei würden ge- nau nach Maßgabe altersspezifisch höherer Risken von Arbeitslosigkeit, Arbeitssuchen- de und ihre Arbeitgeber von allen SV- Beiträgen entlastet. „Damit würde das Behalten der Älteren für die Unternehmen und die Arbeitnehmer selbst sehr viel attraktiver.“ Entwicklung des effektiven Pensionseintrittsalters in Österreich Zwischen 1970 und 2000 sank das effektive Pensionseintrittsalter. Ab 2000 erkennt man wie- der einen Anstieg. Der letzte Knick nach oben gelang durch die Pensionsreform 2014. Dabei zeigt sich, dass sich durch den erschwerten Zugang zu einer Invaliditätspension der Abstand zwischen Alterspension und Eigenpension (inkl. Invalidität) verringerte. Quelle: Statistik Austria Alle Eigenpensionen (inkl. Invalidität) Männer Alle Eigenpensionen (inkl. Invalidität) Frauen Alterspension Männer Alterspension Frauen 1970 Alter bei Pensionseintritt in Jahren 66 64 62 60 58 56 54 1975 1980 1985 1990 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 September 2021 – GELD-MAGAZIN . 81

RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxOTU=