GELD-Magazin, September 2021

8 . GELD-MAGAZIN – September 2021 D er erste Kniefall der Zentralban- ken gegenüber den Finanzmärkten fand während der Finanzkrise in den Jahren 2008/2009 statt. Um eine tiefe Rezession und reihenweise Bankenpleiten zu verhindern, wurden von der EZB mit Staatsanleihen gedeckte Bankschuldver- schreibungen gekauft. Die Bilanzsumme der EZB verdoppelte sich auf rund 2000 Milliar- den Euro. Letztendlich mündete die Finanz- krise in Europa in die Euro-/Schuldenkrise – die Staatsschulden Griechenlands stiegen von 2007 bis 2009 von 107 auf 130 Prozent des BIP, jene Italiens von 104 auf 117 Pro- zent. Erschwerend kam hinzu, dass die Zin- sen griechischer Anleihen in der Folge bis Februar 2012 auf 37 Prozent und die Staats- schulden weiter auf 175 Prozent des BIP ex- plodierten. Zur gleichen Zeit stiegen die Zin- sen auf zehnjährige italienische Staatspapie- re von vier auf sieben Prozent und die Staatsschulden auf 127 Prozent des BIP. Der von der EZB etablierte ESM (European Sta- bility Mechanism) fing Griechenlands Fi- BRENNPUNKT . Zentralbanken Die Party geht zu Ende Staaten und Private sind von billigem Geld abhängig geworden. Schulden wurden durch die Nullzinspolitik und Anleihenkäufe leichter finanzierbar. Doch seit Mitte des Jahres kündigt sich eineWende in der Geldpolitik an. MARIO FRANZIN nanzen vorerst auf und durch einen Schul- denschnitt wurde dessen Staatsverschul- dung auf 162 Prozent reduziert – Ende 2020 lag diese übrigens wieder bei 206 Prozent, Italiens Verbindlichkeiten bei 156 Prozent des BIP. Trotz dieser Schuldenberge rentie- ren sowohl griechische wie auch italienische zehnjährige Staatsanleihen lediglich mit rund 0,7 Prozent – Tendenz zuletzt wieder steigend. Warum das so ist, liegt am impera- tiven Kommitment der EZB, unter allen Um- ständen die Zinsen unter Kontrolle zu halten und damit eine tragbare Staatenfinanzie- rung zu ermöglichen. Das Ergebnis kennen wir: Negativzinsen seit 2014. Die Coronapandemie war angesichts der massiven staatlichen Interventionen auch nicht gerade hilfreich, um Staatsschulden abzubauen. Von 2019 bis heute kletterten sie in der Währungsunion von 77,5 auf gut 100 Prozent des BIP – letztendlich ebenfalls von der EZB finanziert. Da das „normale“ Anleihenkaufprogramm APP (Asset Pur­ chase Programme), das 2014 gestartet wur- de und über das bislang 3017 Milliarden Euro an Anleihen gekauft wurde (Stand Juli 2021), dazu nicht ausreichte, wurde dieses durch das PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) mit einem Umfang von bis zu 1850 Milliarden Euro ergänzt. Insgesamt blähte sich die EZB-Bilanz bis heute auf 8036 Milliarden Euro auf, was gut 62 Prozent des gesamten Eurozonen-BIP entspricht (12.933 Milliarden Euro zum Ul- timo 2020). Als „Euro-Schulden“ kann man noch das Budget des ESM und den EU-Wie- deraufbaufonds der EU-Kommission im Um- fang von 750 Milliarden Euro hinzurechnen, die nicht in der EZB-Bilanz abgebildet sind. Angesichts dieser Schuldenberge, die nur durch niedrige Zinsen tragfähig sind, ist die Alle Augen sind auf die Fed gerichtet. Schafft sie den vorsichtigen Ausstieg aus der expan- siven Geldpolitik ohne gröbere Verwerfungen an den Märkten? Credits: blvdone/stock.adobe.com, Christine Lagarde: Sanziana Perju/ECB, Deutsche Bundesbank, Federal Reserve in Bio. EUR (EZB) bzw. Bio. USD (Fed) Die Bilanzen der Zentralbanken blähten sich angesichts der umfangreichen Anleihenkäufe auf. Seit 2012 hat sich sowohl jene der EZB als auch jene der Fed auf derzeit gut acht Billi- onen Dollar bzw. Euro mehr als verdreifacht. 2012 2014 2016 2018 2020 2 8 6 4 ZENTRALBANKEN EXPANSIV EZB Fed

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