GELD-Magazin, Juni 2021

in den USA, trotz des neuen EU-Wiederauf- baufonds in Höhe von 750 Milliarden Euro, was etwa fünf Prozent der EU-Wirtschafts- leistung entspricht. Angesichts der noch an- haltenden Covid-Restriktionen und des langsameren Impftempos wird die Wirt- schaftsleistung das Vorkrisenniveau nicht vor dem Jahreswechsel 2021/22 erreichen. Und es wird vermutlich mindestens bis 2023 dauern, bis Europa wieder auf den Vorkri- sentrend einschwenken wird können. Durch die keynesianische Brille erscheint das Infla- tionsrisiko deshalb hierzulande auf den er- sten Blick deutlich geringer. Die jüngsten Meldungen vom Arbeitsmarkt geben aber auch für die USA zunächst Entwarnung. Die Beschäftigung liegt weiterhin rund acht Mil- lionen Stellen unter dem Vorkrisenniveau. Und in den kommenden Monaten dürften viele potenzielle Arbeitnehmer wieder in den Arbeitsmarkt zurückkommen, die sich etwa auf Grund von gesundheitlichen Ri- siken, Home Schooling-Verpflichtungen, Weiterbildungsmaßnahmen oder üppigen staatlichen Transfers in den vergangenen Monaten gegen eine Beschäftigungssuche entschieden hatten. Ein nachhaltiger An- stieg der Lohndynamik scheint trotz der Er- holung der US-Konjunktur deshalb wenig wahrscheinlich. Bringt die Geldschwemme die große Inflation? Anders als die Keynesianer sorgen sich die Monetaristen unter den Ökonomen vor allem um Inflationsrisiken durch die von den Notenbanken ausgelösten Geldschwem- men. Die Befürchtung, dass die Unsummen an Liquidität, die die Notenbanken vor allem über Anleihekäufe in die Märkte pum- pen, zu einer Hyperinflation führen könnte, kann aber relativiert werden – obwohl sich die Zentralbankliquidität in den vergange- nen Jahren in etwa verzehnfacht hat. Denn diese Mittel landen primär im Bankensy- stem, wo sie von den Geschäftsbanken als Überschussguthaben wieder bei den Zen- tralbanken deponiert werden. Dieses „Par- ken“ führt dazu, dass die Liquidität kaum den Weg in die Wirtschaft findet, wo sie für Preisdruck sorgen könnte. Wichtiger ist der Blick auf die Geldmenge in den Händen von Unternehmen und Haushalten. Anders als die Liquidität ist diese Geldmenge erst seit Anfang 2020 deutlich gestiegen, ablesbar anhand des Volumens der Einlagen bei Ge- schäftsbanken. Und das hat mehr mit der Fiskal- als mit der Geldpolitik zu tun. So hat vor allem die US-Regierung den Haushalten in der Covid-Krise direkt Geld in die Ta- schen gesteckt. Die aufgelaufenen Über- Zentralbanken in der Zwickmühle Angesichts des zu erwartenden Infla- tionsanstiegs sorgen sich Investoren vor einem Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik. Die Notenbanken haben sich dabei in eine schwierige Lage manövriert, denn neben der Konjunk- tur sind auch die öffentlichen Haus- halte und der Finanzmarkt stark von ihrer Unterstützung abhängig. Dennoch könnte die Fed Anfang 2023 den ersten vorsichtigen Zinsschritt nach oben ma- chen, was laut Zinserwartungen aber bereits eingepreist ist. Das reduziert das Risiko von dramatischen Rendi- teanstiegen, auch wenn die Inflation überraschend hoch ausfallen sollte. Gegen eine starke Straffung in den kommenden Jahren spricht, dass die Fed auch die Verschuldungssituation im Auge hat. Und hier sieht die Lage mittlerweile deutlich schwieriger aus als noch vor einigen Jahren. Die Pro- jektion der US-Budgetbehörde kommt bis 2050 auf eine Staatsverschuldung von 200 Prozent am BIP. Damit ist der Druck auf die Fed hoch, die Renditen und damit die Finanzierungskosten des Staates nur sehr langsam steigen zu lassen oder nachhaltig einen sehr hohen Anteil der US-Anleihen in den eigenen Büchern zu halten. Für die EZB sind diese Herausforderungen sogar noch größer. Denn die Wirtschaft und die Finanzmärkte im Euro-Raum sind noch abhängiger von einem expan- siven Kurs der Geldpolitik. Deshalb wird sich die EZB beim Ausstieg sehr viel Zeit lassen – mit einem ersten Zinsschritt ist nicht vor 2024 zu rech- nen. Helfen könnte der EZB dabei eine verstärkte fiskalische Vergemeinschaf- tung. Ein erster Schritt in diese Richtung wurde mit dem EU-Wiederaufbaufonds gemacht. Wahrscheinlich ist das kein einmaliges Projekt, sondern dient als Einstieg für die künftigen Finanzie- rungsformen. Das würde den Druck auf die Geldpolitik reduzieren, die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen über niedrige Risikoprämien zu erkaufen. Juni 2021 – GELD-MAGAZIN . 9 INFLATION STEIGT IN DEN USA DYNAMISCH Quellen: Refinitiv, Eyb & Wallwitz Während in den USA die Inflation im April über die Vier-Prozent-Marke gesprungen ist, lag sie in Europa im Mai mit 2,0 Prozent auf der Zielmarke der EZB. Verbraucherpreise, Veränderung zum Vorjahr in Prozent 2021 2020 Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Mai Apr 4% 3% 2% 1% 0% -1% 5% USA Euroraum

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