GELD-Magazin, März 2021

S tell Dir vor, es geht das Licht aus. Das hätte am 8. Jänner 2021 passie- ren können, als eine massive Stö- rung des europäischen Stromnetzes für eine Schrecksekunde sorgte. Um einen großflä- chigen Ausfall zu vermeiden, mussten kurz- fristig europaweit mehrere Kraftwerke hochgefahren werden. Letztlich wurde der Vorfall unter dem Motto „gut gegangen, nichts passiert“ subsumiert. So einfach sollte man es sich aber nicht machen. Ausfall der Infrastruktur Aber worum handelt es sich bei einem Blackout konkret? Herbert Saurugg, Präsi- dent der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge, erklärt im Gespräch mit dem GELD-Magazin: „Unter einem Blackout definiere ich einen plötzlichen überregio- nalen, weite Teile Europas umfassenden und länger als zwölf Stunden andauernden Strom- sowie Infrastruktur- und Versor- gungsausfall. Entscheidend ist, dass nicht nur das Stromnetz sondern auch die ande- ren Infrastrukturen betroffen sind und eine Hilfe von ,außen‘ nicht erwartbar ist. Der Stromausfall ist nur der Ausgangspunkt für längerfristige Versorgungsunterbrechungen bzw. Engpässe.“ Auch bei Austrian Power Grid (APG) wird nicht beschönigt, auf der Homepage des Übertragungsnetzbetreibers für Österreich heißt es: „Die Stromversor- gung folgt einem wesentlichen Grundprin- zip: In jeder Sekunde muss exakt so viel Strom erzeugt werden, wie gerade ver- braucht wird. Gerät dieses Gleichgewicht außer Kontrolle, kippt das System und die Stromversorgung bricht zusammen. Durch Störungen, Ausfälle bzw. aus dem Ungleich- gewicht von Stromerzeugung und Ver- brauch entstehen Netzschwankungen, die bei entsprechender Verkettung von wid- rigen Umständen zu einem totalen Netzzu- sammenbruch führen können.“ Katastrophale Konsequenzen Massive Infrastrukturausfälle wären die Fol- ge – der öffentliche Verkehr steht still, man- gelnde Mobilität wird zu einem großen Pro- blem, ebenso die Grundversorgung mit Wasser und Nahrungsmitteln. Angesichts solcher Szenarien stellt sich die Frage, wa- rum ein Blackout kaum Gegenstand der öf- fentlichen Diskussion ist. Saurugg dazu: „Wir alle haben ein so definiertes Blackout noch nicht erlebt, deshalb ist es auch sehr schwierig, sich so ein Szenario vorstellen zu können. Das ist auch ein Grund dafür, wa- rum politische Entscheidungsträger oft nicht besser vorbereitet sind als Durch- schnittsbürger.“ Wie groß ist nun das Risi- ko, dass der Total-Ausfall eintritt? Saurugg: „Die Wahrscheinlichkeit eines sehr seltenen Ereignisses lässt sich nicht mathematisch berechnen. Ich persönlich bin aufgrund meiner langjährigen Auseinandersetzung davon überzeugt, dass wir in den nächsten fünf Jahren ein Blackout erleben werden. Auch das Österreichische Bundesheer hat vor rund einem Jahr vor einem solchen Er- eignis binnen der nächsten fünf Jahre ge- warnt. Wobei es nicht um ein Datum, son- dern um die kurzfristige Bedrohung geht, auf die wir überhaupt nicht vorbereitet sind.“ Genau genommen wird es laut Sau- rugg bereits bis Ende 2022 kritisch, da bis dahin viele deutsche Kohle- und Atomkraft- werke abgeschaltet werden: „Damit werden die bisherigen Sicherheitspuffer drastisch reduziert. Die geplanten Ersatzleitungen werden erst viel später fertiggestellt. Umfas- sende Puffer und Speichersysteme fehlen BRENNPUNKT . Blackout Schwarzmalerei? Ein europaweiter Stromausfall könnte wichtige Infrastruktureinrichtungen lahm legen und unser aller Leben innerhalb von Tagen auf den Kopf stellen. Diese Gefahr als Panikmache abzutun, ist grob fahrlässig. HARALD KOLERUS Credits: beigestellt; pixabay „Die Dimension eines Blackouts ist den wenigsten Menschen bewusst. So auch der Politik.“ Herbert Saurugg, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge Keine Seltenheit: Regionale Stromausfälle Es kommt immer wieder vor, dass bereits lokale Blackouts erheblichen Schaden anrichten: Besonders betrof- fen sind die USA. Eine arktische Käl- tewelle führte erst im heurigen Jänner zu einer Unterbrechung der Stromver- sorgung für viele Millionen Menschen in Texas aber auch Mexiko. Der Black- out beeinträchtigte die Energieindu- strie in Texas, brachte die Schließung von Ölraff inerien, Beschränkungen durch Erdgaspipelinebetreiber, sowie das Einfrieren von Windkraftanlagen. Zu einiger Berühmtheit brachte es der Stromausfall von New York im Jahre 1977. Er führte zu erheblichen sozia- len Unruhen: Mehr als 1500 Geschäfte sollen vom Mob im Schutze der Dun- kelhei t geplünder t und über 1000 Brände sollen gelegt worden sein. Be- richte, die Geburtenrate sei in Folge um 35 Prozent gestiegen, haben sich später aber als Fake News herausge- stellt. 16 . GELD-MAGAZIN – März 2021

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