GELD-Magazin, Februar 2021

Die Auswahl ist entscheidend! D ie Coronakrise hat die Finanzmärk­ te kräftig durcheinander gewirbelt. Seit Februar 2020, dem Zeitpunkt der ersten Lock Downs in Europa, boomten die sogenannten Coronagewinner wie Onli­ nehandel, Videomeeting-Anbieter bis hin zu Impfstoffherstellern. Die Coronaverlierer, vor allem Old Economy und zyklische Werte, mussten herbe Kursverluste einstecken. Mit Zulassung der ersten Impfstoffe setzte eine Branchenrotation ein, regional kam China durch Verhängung strikter Quarantäne und lückenloser Kontaktnachverfolgung wieder als erstes Land aus der Krise. Doch wie geht es nun weiter? Setzt sich der Boom an den Aktienmärkten fort? Wie sollte die Asset Al­ location aussehen? Und wo wartet vielleicht noch ein schwarzer Schwan auf uns? Wir un­ terhielten uns über diese Themen mit Anla­ geprofi Wolfgang Matejka. Wenn man kurz die Anlageklassen durch- geht, wo sehen Sie die besten Chancen? Wenn wir bei Cash beginnen, da ist keine große Fantasie zu erwarten. Die Zinsen blei­ ben extrem niedrig, real sogar negativ. Un­ ter Berücksichtigung der Inflation verliert man da weiterhin permanent an Kaufkraft. Vermögen werden hier in einen Negativ­ kreislauf hineingezogen, auch mit Girokon­ ten, die unverschämt hohe Überziehungs­ zinsen und Gebühren aufweisen. Die Kun­ den werden hier manchmal richtiggehend geschröpft. Aber das ist in Zeiten wie diesen eben das Überlebensmodell der Banken. Ist es für risikoaverse Anleger sinnvoll, hier auf Anleihen auszuweichen? Bei Anleihen sieht man leider noch kein Licht am Ende des Tunnels. Da die Finanzen der meisten Staaten im Eck sind, können die Wolfgang Matejka ist von der risikoadjustierten Outperformance von Aktien gegenüber Anleihen überzeugt. Doch gute Selektion ist jetzt besonders gefragt. Manche Branchen sind bereits gehypt, andere haben noch Potenzial. MARIO FRANZIN Wolfgang Matejka, Gründer und Geschäfts- führer der Matejka & Partner Asset Mana­ gement GmbH sowie Chief Investment Officer der Wiener Privatbank SE Leitzinsen nicht steigen – das verhindert die Europäische Zentralbank (EZB). Hier ist zu erwarten, dass sie ein Yieldregime einfüh­ ren wird, weil sich die Staaten einfach keine höheren Zinsen leisten können. Damit wer­ den Anleihen zweier Klassen entstehen. Ich gehe davon aus, dass auf der einen Seite heuer die ersten Eurobonds emittiert wer­ den mit konstant niedrigen Zinsen und auf der anderen Seite Unternehmensanleihen, die einen Yieldanstieg mitmachen müssen. Die Generalprobe für Eurobonds haben wir ja mit den Anleihen der EU-Kommission be­ reits erlebt. Die ausgegebenen 17 Milliarden Euro waren gleich vier Mal überzeichnet und via EU-Haushalt werden die Schulden vergemeinschaftet. Aufgrund der Entwick­ lung einer Art „EU-Durchschnittsverzinsung“ erwarte ich in der Kernzone daher einen Renditeanstieg, der sich etwa bei der Rendi­ te von Frankreichs Staatsanleihen – also bei plus 25-30 Basispunkte höher als bei deut­ schen Anleihen – einpendeln wird. Der Be­ reich Zinsabsicherung wird extra zu über­ denken sein, da er vor allem mit BOBL- und Bundfutures funktioniert, die auf deutsche Anleihenkonditionen begründet sind. Das heißt aber, Bewegung wird es am Cor­ porate Bond Markt geben, anfänglich Ver­ luste durch einen Renditeanstieg – daher sollte man vorläufig nur auf Kurzläufer set­ zen. Später werden die Renditen wieder in­ teressant. Alternativ dazu kann man auf in­ flationsgeschützte Anleihen setzen – am be­ sten über einen Investmentfonds, da oft die Liquidität in den Einzeltiteln gering ist und die hohen Stückelungen auf institutionelle Investoren ausgerichtet sind. Auch hier sieht man bereits ein Momentum, seit zwei/drei Monaten sind die Inflationserwartungen für die kommenden fünf Jahre von nahezu null Credit: beigestellt 8 . GELD-MAGAZIN – Februar 2021 INTERVIEW . Wolfgang Matejka, Matejka & Partner

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