GELD-Magazin, November 2020

„No free lunch“ D ie Ereignisse haben sich rund um Covid-19 in den vergangenen Wo- chen wieder überschlagen, und wir befinden uns in Lockdown Nummer zwei. In dieser Situation sind Wirtschafts­ prognosen natürlich äußerst schwierig. Dennoch versucht IHS-Leiter Martin Kocher im Gespräch mit dem GELD-Magazin, das große Bild zu zeichnen: Er meint, dass es nächstes Jahr eine konjunkturelle Gegenbe- wegung geben müsste. Im Herbst wurde praktisch die ganze Welt von stark steigenden Corona-Infek- tionszahlen überrollt. Wie sehen jetzt die wirtschaftlichen Auswirkungen aus? Das zweite Quartal des heurigen Jahres ist etwas besser als ursprünglich erwartet aus- gefallen, trotz des natürlich massiven kon- junkturellen Einbruchs. Für Österreich, Eu- ropa und fast die gesamte Welt zeichnet sich jetzt ein ähnliches Bild: Im dritten Quartal trübte sich die Situation wieder et- was ein. Das hängt natürlich mit den stei- genden Infektionszahlen zusammen, die schneller als erwartet in die Höhe geschos- sen sind. Heute herrscht schlechte Stim- mung bis hin zu Angst in der Bevölkerung. Die Corona-Bekämpfungsmaßnahmen wa- ren und sind ja schon massiv, jetzt wächst die Befürchtung, dass noch mehr kommt. Was wiederum die Stimmung trübt: Men- schen geben weniger Geld aus, der Konsum wird abgeschwächt und somit auch die Kon- junkturzahlen. Der künftige Verlauf der Pandemie scheint ja nach wie vor schwer absehbar. Wie wird es mit der Wirtschaft in diesem Umfeld weitergehen? Wenn es keine absolut negativen Corona- Szenarien gibt, muss 2021 eine konjunktu- relle Gegenbewegung kommen. Die Frage ist eher, wie groß diese ausfallen wird. Wichtiger ist aber, wann wir das wirtschaft- liche Niveau von 2019, also vor Ausbruch der Pandemie, wieder erreichen werden. Wohlgemerkt: Ich spreche hier nicht vom „normalen“ Wachstumspfad, sondern vom Vor-Krisen-Niveau. Das sollte im Jahre 2022 der Fall sein, wenn hoffentlich wieder mehr Sicherheit herrscht und die Gesundheitslage besser eingeschätzt werden kann. Wie sind Sie mit den bisherigen Krisen- Maßnahmen gegen die ökonomischen Mit den Maßnahmen Österreichs gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zeigt sich der renommierte ÖkonomMartin Kocher zufrieden. 2021 rechnet er mit einer konjunkturellen Besserung. HARALD KOLERUS „Jetzt gilt: Klotzen, nicht kleckern!“, meint Prof. Martin Kocher Auswirkungen der Covid-19-Pandemie in Österreich zufrieden? Viele Länder haben ähnliche wirtschaftliche Programme wie Österreich gefahren – da gab es nicht viel Dissens. Der Staat muss akut eingreifen, wo Arbeitsplätze und Un- ternehmen gefährdet sind. Dazu zählen be- kannte Maßnahmen wie Steuer-Stundun­ gen, Haftungen, Kurzarbeit etc. Hinzu kom- men Konjunkturprogramme: Steuererleich- terungen, Einmalzahlungen, die Investitions- prämie, eine degressive Abschreibung und Investitionen, vor allem in den Umweltbe- reich. Eine interessante Zahl: 2020 sind die verfügbaren Einkommen der Österreiche- Credit: beigestellt 8 . GELD-MAGAZIN – November 2020 INTERVIEW . Martin Kocher, IHS

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