GELD-Magazin, November 2020

November 2020 – GELD-MAGAZIN . 11 die Geschwindigkeit von Transaktionen er- höhen. Auch Steuerhinterziehung und der Verwendung von Zentralbankgeldern für il- legale Zwecke könnte man damit einen Rie- gel vorschieben, was wiederum die öffentli- chen Einnahmen erhöhen würde. In Län- dern mit schwacher Finanzinfrastruktur würde der breitere Zugang zu Bankdienst- leistungen auch eine flexiblere Geldpolitik bewirken. Denkbar wäre theoretisch auch die Einführung neuer geldpolitischer Instru- mente, wie wirksame negative Nominalzin- sen und gezielte Überweisungen und Abhe- bungen durch die Zentralbank. Zusätzlich könnten auch privat verwaltete Zahlungssy- steme eingebunden und das Risiko eines Ausfalls der Zahlungsinfrastruktur in Kri- senzeiten vermieden werden. Die Kehrseite der Medaille Eine der großen Fragen, die sich vor einer Einführung von CBDC stellen wird, ist, wel- che Auswirkungen das auf den traditio- nellen Finanzdienstleistungssektor haben könnte. Wenn eine Zentralbank ihren Bür- gern ermöglicht, Spar- und Girokonten di- rekt bei sich zu führen, was passiert dann mit den Geschäftsbanken, die vorher ähn- liche Dienstleistungen erbracht haben? Die meisten Konzepte sehen dafür eine hybride Architektur vor, wobei CBDC als funktio- nelle Zahlungsebene dient, während beste- hende nichtstaatliche Finanzinstitute eine zweite Schicht verwalten, die das Interface mit den Kunden darstellt und Teile der In- formationsverwaltung übernimmt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Daten- schutz, da es für die meisten verständlicher- weise befremdlich wirkt, Gehaltsschecks und Konsumverhalten gegenüber einem öf- fentlichen Akteur offenzulegen. Mit Ver- schlüsselungstechnologie und gut konzi- pierten Regeln kann jedoch auch ein CBDC- System einen robusten Rahmen für den Schutz der Privatsphäre garantieren. Denk- bar wären etwa Schwellenwerte – beispiels- weise 3000 Euro pro Monat –, bis zu wel- chen Transaktionen anonym blieben, darü- ber wäre es erforderlich, sich beim Einrich- ten des digitalen Kontos zu identifizieren. In den Startlöchern Wie heiß das Thema in Notenbankkreisen bereits diskutiert wird, spiegelt ein Anfang Oktober veröffentlichter Bericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Zusammenarbeit mit sieben Zentralban- ken wider. Das Dokument mit dem Titel „CBDC: Grundprinzipien und Kernfunkti- onen“ wirkt – trotz der relativierenden Ein- leitung, dass keine der beitragenden Institu- tionen bisher eine Entscheidung über die Einführung von CBDC getroffen hätte – wie ein erster Leitfaden für die Emission von di- gitalem Zentralbankgeld. Ähnliches vermit- telten auch die Worte des stellvertretenden Gouverneurs der Bank of England, Jon Cun- liffe, bei der Präsentation des Berichts. „Zentralbanken müssen Schritt halten, um zu vermeiden, dass der Privatsektor Lücken im Zahlungsverkehr auf ungeeignete Weise schließt“, sagte Cunliffe mit direktem Bezug auf Facebooks Stablecoin-Projekt Libra. Zu den sieben Zentralbanken, die das State- ment gemeinsam veröffentlichten, gehören die europäische Zentralbank, die amerika- nische Fed, die Bank of Japan, die Bank of Canada, die schwedische Reichsbank, die schweizerische Nationalbank und die Bank of England, nicht jedoch die Volksbank Worauf es ankommt Die drei Grundprinzipien für die Ein- führung von CBDC, die von der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) identifiziert wurden, betonen folgendes: Erstens darf die Emission von CBDC weder die Geld- noch die Finanzsta­ bilität gefährden, zweitens muss CBDC mit den bestehenden Geld-Formen koexistieren und diese ergänzen und drittens sollte jegliche Form von CBDC Innovation und Effizienz fördern. Zu den wichtigsten weiteren Kompo- nenten zählen Konvertierbarkeit, ein- fache Nutzbarkeit, Sicherheit, Ge- schwindigkeit, Skalierbarkeit und rechtliche Legitimation. Alle mög- lichen nachteiligen Auswirkungen auf das Bankensystem und die Finanzin- termediation müssten vor einer Ein- führung unbedingt abgeschätzt und durch eine Kombination von Schutz- maßnahmen in der CBDC-Architek- tur und durch neue Richtlinien in den Finanzsystemen verhindert werden. „Physisches Geld ist nicht mehr bequem. Es wird immer unpraktischer für die Verwendung im täglichen Leben.“ Jon Cunliffe, Vize-Gouverneur der Bank of England „Die Europäer greifen mehr und mehr auf digitale Wege zurück, weshalb wir uns darauf vorbereiten sollten, einen digitalen Euro einzuführen.“ Christine Lagarde, Präsidentin der EZB

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