GELD-Magazin, Juni 2020

60.000 neu errichtete Wohneinheiten 40.000 20.000 0 2008 hat gezeigt, dass die Preise bei Wohn­ immobilien schlussendlich sogar gestiegen sind, und wir gehen auch jetzt davon aus, dass sie mittelfristig anziehen werden. Nach der ersten Unsicherheit haben wir wieder zahlreiche Verkäufe tätigen können.“ Banken geben wieder grünes Licht „Ein Grund für den anhaltenden Optimis- mus liegt darin begründet, dass die Banken nach anfänglicher Zurückhaltung nun wie- der fremdfinanzierte Wohnungsprojekte im selben Ausmaß unterstützen wie zuvor“, er- klärt Schmidt. Auch Bauernfeind sieht von- seiten der Finanzierung derzeit keine auffäl- ligen Verhaltensänderungen der Banken und damit von der Finanzierungsseite auch kei- nen Einschnitt in die Nachfrage. „Der größte Teil dieser Projekte ist sowieso mit einem hohen Eigenkapitalanteil unterlegt. Nur bei Finanzierungen mit einem hohen Fremdfi- nanzierungsanteil sind die Banken zurück- haltender geworden“, so Bauernfeind. Aber dies treffe nur für einen geringen Anteil der Vorsorgewohnungsprojekte zu. Bessere Onlinevermarktung Ein wesentlicher Vorteil der Vorsorgewoh- nungen liegt darin, dass dieses Segment leichter online zu vermarkten ist als z.B. Mietwohnungen. So werden einzelne Ein- heiten verkauft, ohne dass eine direkte Be- sichtigung zwingend notwendig ist, da sie nicht für die Eigennutzung vorgesehen sind. Auch Bauernfeind erzählt, dass es zwar eine deutliche Reduktion der Anfragen während der Krise zu verzeichnen gab, allerdings war diese im Bereich der Vorsorgewohnungen weniger deutlich als bei den selbstgenutzten Objekten – nämlich nur ca. 50 Prozent, was auch dem Online-Vertrieb zu verdanken sei. Auch was die Mietstundungen betrifft, die Mieter beantragen können, wenn sie auf- grund der Corona-Pandemie arbeitslos ge- worden sind, gibt es vonseiten der Immobili- enwirtschaft Entwarnung. Die vielerorts he- raufbeschworene Gefahr, dass dadurch die Eigentümer und Vermieter in Bedrängnis kommen könnten und ihre Kreditraten nicht zurückzahlen könnten, bewahrheitete sich nicht. „Wir bewirtschaften rund 1.000 Vor- sorgewohnungen und bis dato sind mir nur zwei Anfragen für Mietzinsaussetzungen bzw. -reduktionen wegen Covid-19 be- kannt“, erklärt Marion Weinberger-Fritz von Raiffeisen Vorsorge Wohnung GmbH. Auch bei der 3SI Immogroup wurde kein einziger Fall einer Mietzinsstundung registriert. Balkone und Terrassen gefragt Offen ist, ob die Menschen ihr verfügbares Einkommen nach Erfahrungen mit der Krise neu verteilen werden. Ob der Wohnraum ge- genüber dem Urlaub oder dem neuen Auto Corona stoppt denWohnbau-Boom in Österreich Heuer und im kommenden Jahr wird in Österreich mit einem deutlichen Rückgang an neu errichteten Wohnungen gerechnet: Darauf lässt der diesjährige Einbruch bei den Baugeneh- migungen gegenüber dem Vorjahr schließen. Quelle: Interconnection Consulting 2017 48.446 2018 53.352 2019 55.022 2020e 53.540 2021e 49.111 -2,7% -8,3% an Wertigkeit gewinnt. Die Erfahrung, wäh- rend des Lock Downs in beengten Verhält- nissen zu leben, könnte dafür sorgen, dass so mancher die Prioritäten seiner Investiti- onen dahingehend verändert, sein Geld in einen größeren Wohnraum zu stecken. So kommt das Markt- und Meinungsfor- schungsinstitut Marketagent in seinem Iso- lationsreport zu dem Schluss, dass die Isola- tion leichter auszuhalten war, wenn das Zu- hause mehr Platz bietet. Dabei zeigte sich, dass insbesondere Personen, denen maximal 50 m 2 als Wohnfläche zur Verfügung stan- den, die Decke früher auf den Kopf gefallen ist. Gerade Freiflächen, wie Balkone und Terrassen, könnten dadurch einen Auf- schwung erleben. „Wir haben bereits beo- bachtet, dass Freiflächen wie Balkone und Terrassen mehr gesucht werden“, so Bauern- feind. Auch Michael Schmidt bestätigt diese Beobachtung und ergänzt: „Wir merken ins- besondere einen regelrechten Run auf Alt- bauwohnungen mit Freiflächen. Hier ist die Nachfrage sogar stärker als zuvor, aber auch im Neubau trifft dies zu.“ Schmidt kommt daher zu dem Schluss: „Freiflächen müssen jetzt noch mehr in den Fokus der Entwickler treten.“ Was die Wohnfläche selbst betrifft, so sind die Experten jedoch skeptisch, dass sich hier eine starke Veränderung ergeben wird, da dies ja meist nicht eine Frage des Wollens, sondern eine Frage des Haushaltsbudgets ist. „Niemand wohnt freiwillig in eineinhalb Zimmern“, so Weinberger-Fritz. Da sieht die Vorsorgewohnungsexpertin die „Flucht aufs Land“ als realistischen Trend, um der räum- lichen Beengung zu entfliehen – natürlich abhängig von der öffentlichen Anbindung und den finanziellen Möglichkeiten. Mit den sinkenden Fertigstellungszahlen von Wohnungen wird es ein begrenztes Angebot an guten Eigentumsobjekten geben. Sandra Bauernfeind, GF EHL Wohnen GmbH EHL Wohnen GmbH Juni 2020 – GELD-MAGAZIN . 75

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