GELD-Magazin, April 2020

Coronavirus – Unsicherheit bietet große Chancen auf den Kapitalmärkten Der externe Schock durch den Coronavirus und die Maßnahmen zur Entlastung der intensivmedizinischen Kapazitäten werden die globale Nachfrage temporär massiv einbrechen lassen. Die Erfahrungen aus China, Südkorea und Japan sprechen jedoch dafür, dass harte Schritte – wie sie neben Österreich zuletzt immer mehr Länder gesetzt haben – Wirkung zeigen. Das bestätigen auch die jüngsten Zahlen der Neuinfektionen in Europa, wes- halb wir glauben, dass die Industrie und der Dienst- leistungssektor in sechs bis acht Wochen langsam wieder hochgefahren werden können. Mit etwas Zeitverzögerung sollte dies dann auch auf die USA zutreffen. Ein Zeitraum von zwei bis drei Monaten sollte durch gezielte Hilfsmaßnahmen ohne Massen- freisetzungen und Ausbruch einer neuerlichen Finanzkrise zu bewältigen sein. Die Lektion gelernt Politiker und Notenbanker sind aktuell – die schmerzhafte Lehman-Erfahrung ist noch im Ge- dächtnis – rasch in den „whatever it takes“-Modus mit entschlossenen fiskal- und geldpolitischen Sti- muli und einem klaren Bekenntnis zu weiteren Schritten gewechselt. 2020 wird es in den meisten Industrieländern Rezession geben, dennoch erwar- ten wir in 12 Monaten positive Wachstumsraten der Weltwirtschaft, sodass bereits 2022 das globale Bruttoinlandsprodukt das Vorkrisenniveau errei- chen oder übertreffen sollte. Die jüngste Stabilisie- rung der Aktienmärkte sowie die starken Maßnah- men von Staaten und Notenbanken sind ermutigend. In den USA, die aktuell die meisten Corona-Infek- tionsfälle aufweisen, verheißen das flaue Krisenma- nagement sowie das angeschlagene Gesundheitssy- stem für die kommenden Wochen allerdings nichts Gutes. Daher würden wir uns nicht wundern, wenn der S&P 500 im April neue Tiefststände markieren würde. Zukunftsperspektiven Unabhängig von der seriös nur schwer abzuschät- zenden Entwicklung über die nächsten Wochen, bie- ten die Märkte in unseren Augen aktuell die besten Chancen der letzten fünf Jahre, was prinzipiell für ein deutliches Aktienübergewicht spricht. Vielen Investoren ist die Vermeidung weiterer Verluste ak- tuell sehr wichtig. Daher haben wir, ausgehend vom deutlichen Aktienuntergewicht zu Jahresbeginn, die tieferen Kurse in unseren Total-Return-Mandaten bisher nur für zwei kleinere Aktienzukäufe genutzt. Bis zum Jahresende ist in unseren Augen jedoch eine Erholung dieser Anlageklasse sehr wahrschein- lich, weshalb wir trotz der Gefahr weiterer Rück- schläge zum aktuellen Zeitpunkt von einem Verkauf abraten und stattdessen über die nächsten Wochen eine gezielte Aufstockung favorisieren. Sorgenkind Anleihemarkt Im Bereich der Anleihen hat sich die bereits zuvor geringe Attraktivität von Staatsanleihen hoher Boni- tät weiter verschlechtert, wogegen die riskanteren zyklischen Anleiheklassen mittlerweile attraktive Kreditrisikoprämien zahlen. Auf mittlere Sicht erge- ben sich damit interessante Kaufgelegenheiten. Trotzdem rechnen wir zwischenzeitlich mit noch tieferen Kursen und einer weiteren Eintrübung der bereits jetzt dramatisch schlechten Liquiditätssitua- tion. Aus diesem Grund haben wir zuletzt das Ge- wicht von High-Yield- und Wandelanleihen merklich zugunsten von Cash reduziert. Diesen Liquiditäts- puffer planen wir bei tieferen Kursniveaus für Aktienzukäufe zu nutzen, zumal wir bereits jetzt das Chancen-Risikoverhältnis von Aktien für deutlich attraktiver als jenes von zyklischen Anleihen halten. www.llb.at GASTBEITRAG . Harald Friedrich, Liechtensteinische Landesbank Österreich AG Mag. Harald Friedrich, Stv. Vorsitzender des Vorstandes LLB Österreich FOTO: beigestellt Zur Person Mag. Harald Friedrich (Absolvent der WU, Wien) verantwortet innerhalb des Vorstandes der Liechtensteinischen Landesbank (Österreich) AG das Geschäft mit institutionellen Kunden sowie die Tochtergesellschaften der Bank, die in den Bereichen Investmentfonds, Immobilien und Private Equity tätig sind. Ge- rade in diesen herausfordernden Marktphasen möchte Harald Friedrich seine Kunden stets bestens informiert wissen und steht ihnen gemeinsam mit sei- nem Team sowie mit der Investmentexpertise der LLB-Gruppe zur Seite. April 2020 – GELD-MAGAZIN . 23

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